TV-Serie Wie Dörfer Wohnraum im Ortskern schaffen

Hermeskeil/Ockfen/Tawern/Kell · Neues Bauland auszuweisen, ist nicht immer möglich. Aber in vielen Ortsmitten gibt es Leerstände und ältere Häuser, die man herrichten könnte. Als Anreiz dafür nutzen einige Gemeinden im Kreis Sanierungsgebiete. Dort gelten für Bauherren besondere Vorteile.

 Ein anschauliches Beispiel für den Effekt von Sanierungsgebieten gibt es in Hermeskeil am Ringgraben: Links steht der marode Wohnblock, rechts der bereits modernisierte. Die privaten Bauherren können ihre Investitionen über einen längeren Zeitraum steuerlich abschreiben.

Ein anschauliches Beispiel für den Effekt von Sanierungsgebieten gibt es in Hermeskeil am Ringgraben: Links steht der marode Wohnblock, rechts der bereits modernisierte. Die privaten Bauherren können ihre Investitionen über einen längeren Zeitraum steuerlich abschreiben.

Foto: Trierischer Volksfreund/Christa Weber

Bröckelnde Fassaden, verschmutzte Wände, kaputte Fenster: Der Wohnkomplex am Ringgraben in Hermeskeil stand 20 Jahre lang leer und war bis vor kurzem kein schöner Anblick. Inzwischen sanieren private Investoren die drei Gebäude. Insgesamt 18 neue Miet- und Eigentumswohnungen entstehen darin, einige sind bereits fertig.

Vorteil Sanierungsgebiet Ein entscheidender Anreiz für die Unternehmer war, dass sich die Häuser in einem Sanierungsgebiet befinden. Solche Gebiete dienen laut Baugesetzbuch dazu, in einem per Satzung abgegrenzten Bereich städtebauliche Missstände zu beseitigen. Wer im Gebiet ein altes Haus in diesem Sinne umfassend modernisiert, der profitiert von steuerlichen Abschreibungen (siehe Hintergrund). So verschwinden im Ortskern hässliche Bauruinen und im Idealfall entsteht neuer Wohnraum.

Beliebtes Instrument im Kreis In der Verbandsgemeinde (VG) Hermeskeil sind seit 2015 in sieben von 13 Orten Sanierungsgebiete entstanden. Dieses städtebauliche Instrument wird fast im gesamten Kreis genutzt, zum Teil kombiniert mit Förderprogrammen (siehe Info). „In Hermeskeil läuft es gut. Fünf Projekte gibt es bereits “, sagt Timo Jansen vom VG-Bauamt. Stadtbürgermeister Mathias Queck lobt das Sanierungsgebiet als „wichtigen Baustein zur Entwicklung der Innenstadt“. Die Stadt könne aufgrund ihrer „begrenzten finanziellen Möglichkeiten“ nicht alles selbst angehen, aber auf diese Weise private Investitionen erleichtern.

In Züsch sind seit 2017 schon fünf Sanierungen angelaufen. Hauptmotivation für Ortschef Hermann Bernardy waren die steuerlichen Anreize: „Es hilft uns aber auch, Leerstände zu vermeiden.“ Ältere Häuser würden so für junge Familien attraktiv. Laut Timo Jansen lohnen sich Sanierungsgebiete vor allem für kleine Orte mit viel alter Bausubstanz, weil sich dort die Kosten in Grenzen hielten. Kosten entstehen, weil ein Fachbüro alle Gebäude im relevanten Bereich untersucht und die baulichen Missstände aufschreibt. Auf Basis dieser Ergebnisse wird das Gebiet abgegrenzt.

Kombination mit Ortskern-Initiative Im Gebiet der ehemaligen VG Saarburg (ohne die Gemeinden aus dem Raum Kell, mit denen sich die VG am 2. Januar zur VG Saarburg-Kell zusammengeschlossen hat) haben 13 von 16 Gemeinden ein Sanierungsgebiet, darunter Ockfen. „Wir können kein Baugebiet mehr ausweisen, weil geeignete Flächen fehlen“, sagt Ortsbürgermeister Gerd Benzmüller. Somit bleibe nur der Ortskern, um Wohnraum zu schaffen. Fünf Sanierungsprojekte gebe es bislang, in zwei Fällen würden alte Scheunen zu Wohnungen umgebaut. Ein weiterer Vorteil ist laut Benzmüller, dass die Sanierungssatzung auch ein Vorkaufsrecht für die Gemeinde beinhaltet. „Wenn in dem Gebiet ein Haus verkauft wird, können wir entscheiden, ob wir selbst etwas damit anfangen wollen.“

Die Sanierungsgebiete im Saarburger Raum sind Bestandteil einer Ortskern-Initiative. Diese beinhaltet laut Claudia Wagner von der VG-Pressestelle außerdem Zuschüsse von bis zu 8000 Euro für Sanierungen und Abriss/Neubauten. Bis zu 1000 Euro gebe es, wenn eine Beratung zu regionaltypischem Bauen erfolge. Damit wolle man eine „Verödung“ der Ortskerne verhindern. Die Zuschüsse würden „rege in Anspruch genommen“.

Eine ähnliche Förderung für Bauen im Ortskern bietet die VG Trier-Land, allerdings ohne die Verknüpfung mit Sanierungsgebieten und die dort geltenden Steuervorteile. Insgesamt 40 000 Euro jährlich gibt die VG laut Pressesprecherin Johanna Fox für private Bau- und Sanierungsprojekte aus. „Die Nachfragen übersteigen regelmäßig die vorhandenen Mittel.“

Kombination mit Städtebau-Programm In Kell am See ist das Sanierungsgebiet verknüpft mit dem Förderprogramm Ländliche Zentren, in das der Ort 2014 gemeinsam mit Greimerath aufgenommen wurde. In der VG Schweich sind Föhren und Schweich Teil desselben Programms und haben Sanierungsgebiete festgelegt. Neben den Steuervorteilen profitieren die Bauherren dort von öffentlichen Zuschüssen, die in Kell bei maximal 25 000 Euro pro Objekt liegen. Dazu schließen sie eine Vereinbarung mit der Gemeinde und werden dabei fachlich beraten. In Kell habe sich das Ortsbild dadurch positiv verändert, sagt Ortschef Markus Lehnen: „Es läuft hervorragend.“ 17 private Objekte würden saniert oder seien in Planung, insgesamt 130 000 Euro an Zuschüssen seien bislang geflossen. Laut Lehnen hat ein Unternehmer 14 neue Mietwohnungen gebaut, die in Kell Mangelware seien. Auch die Gemeinde hat Projekte im Gebiet angepackt, die zu 75 Prozent bezuschusst werden.

In der Stadt Konz sind Gebiete abgegrenzt, in die seit 2010/11 Bundes- und Landesmittel aus den Programmen Aktive Stadt und Soziale Stadt (Konz-Karthaus) fließen. Auch Private können hiervon profitieren.

Andere Wege In den Dörfern der VG Ruwer gibt es laut Bürgermeisterin Stephanie Nickels bislang „keine strukturellen Leerstände oder gravierende städtebauliche Missstände“ und daher auch kein Sanierungsgebiet. Wo in Einzelfällen Sanierungsbedarf bestehe, nutzten die Eigentümer Fördermittel aus der Dorferneuerung oder aus Wohnungsbauprogrammen. Thomas Müller, Ortschef in Tawern (VG Konz), hält Sanierungsgebiete nicht immer für das geeignete Mittel. In Gemeinden in der Nähe zu Luxemburg sei es weniger notwendig, Kaufanreize für alte Immobilien zu bieten. „Alte Häuser gehen dort weg wie geschnitten Brot.“ Problematisch sei, wenn aus diesen dann „Wohnklötze“ würden und das prägende Bild des Ortskerns verloren gehe. In Tawern gebe es zudem Bereiche, in denen Häuser „gar nicht mehr zu erhalten“ seien. Dort wolle die Gemeinde Grundstücke kaufen und per Bebauungsplan die bauliche Entwicklung steuern. „Wenn dort etwas abgerissen und neu gebaut wird, können wir durch Vorgaben gewisse ortsbildprägende Elemente bewahren.“

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