Trier Backgammon-Turnier in Trier: Philosophen mit Würfeln

Trier · Rund 100 Backgammon-Spieler sind zum Porta Nigra Invitational-Turnier gekommen. Es geht um viel Geld und um Lebensweisheiten.

 Sebastian Hellwag ist Turnierleiter beim hochkarätig besetzten Backgammon-Turnier in Trier. Der Sieger im Hauptevent erhält rund 18 000 Euro.

Sebastian Hellwag ist Turnierleiter beim hochkarätig besetzten Backgammon-Turnier in Trier. Der Sieger im Hauptevent erhält rund 18 000 Euro.

Foto: Jan Söfjer

Statt Autos stehen Spieltische in der Halle des Mercedes-Händlers Hess in Trier. Würfel rollen. Tobias Hellwag (44) schiebt zwei Spielsteine, Checker genannt, ein paar Felder weiter. Wir sind bei der Premiere des Porta Nigra Invitational, einem der größten Backgammon-Turniere in Deutschland und Europa.

In den 60er und 70er Jahren war es das Spiel der Jetsetter. Hugh Hefner und Gunter Sachs spielten es. Es gab Turniere mit 1000 Teilnehmern und hohen Einsätzen in Las Vegas und Weltmeisterschaften auf den Bahamas. Peter Blachian (71) spielte schon damals. Auf der WM in Monte Carlo 1982 wurde er Dritter. Dann verdrängte Poker Backgammon. „Doch langsam wandelt es sich, das Spiel wird wieder bekannter“, sagt Markus Reinhard (46), neben Blachian einer von 100 Spielern, die sich in Trier laut Veranstalter angemeldet haben. 73 für das Hauptturnier. Jeder bezahlt ein Startgeld von 500 Euro für das Hauptturnier, dazu kommen 90 Euro für die Anmeldung. Dazu können sich die Spieler unter anderem auch noch für ein Doppel, also ein Teamspiel zwei gegen zwei anmelden. Das kostet genauso viel. Die Startgelder gehen komplett an die Gewinner. 50 Prozent für den ersten Platz, 30 für den zweiten und 20 für den dritten. Der Gewinner erhält also rund 18 000 Euro. Nur für das Hauptevent.

Die Spieler kommen aus aller Welt, etwa Neuseeland, Japan, Norwegen oder den USA. Etwa Katarin (36) aus Ungarn, Zdenek (20) aus Tschechien und Josefin (32) aus Deutschland. Sie haben sich auf einem Turnier kennengelernt und treffen sich immer wieder auf solchen. Katarin fährt auf 20 bis 30 Turniere pro Jahr. Viele Spieler sind sehr umtriebig, sie wollen sich mit den Besten messen, für manche ist Backgammon gar Beruf und Berufung.

Etwa für Sebastian Wilkinson (28) aus Cambridge. Seit vier Jahren spielt er professionell. Er fährt also das ganze Jahr über von Turnier zu Turnier und wenn er zu Hause ist, unterrichtet er das Spiel. Wenn man ihn fragt, was das Spiel für ihn auszeichnet, wird er philosophisch. „It‘s a pure expression of life“, sagt er. Ein Ausdruck des reinen Lebens. „Du kannst ein perfektes Spiel spielen und alles richtig machen, aber dennoch verlieren.“ Es ist wie im Leben. Manchmal verstreichen Chancen, man verliert etwas. „Du lernst, dich nur um Dinge zu kümmern, auf die du einen Einfluss hast.“

„Wenn du einen unglücklichen Verlauf hast, musst du das abhaken und nach vorn blicken“, sagt Tobias Hellwag. Auch er ist professionell unterwegs. Aktuell ist er Europameister und Weltranglistendritter. Hier in Trier agiert er als sportlicher Leiter. Organisiert wurde das Porta Nigra Invitational-Turnier von vier Freunden: Andreas Hess, Inhaber des Autohauses, Klaus Tonkaboni, Inhaber des Blesius Gartens, Ralph Britz und Simon Haag, Inhaber des Eurener Hofes. Hess stieß auf Hellwag, weil er nach einem Lehrer suchte, um sein Spiel zu verbessern. Er wollte mehr. „Meine Freunde und ich fragten uns, wie können wir Backgammon populärer machen?“ Hellwag wusste die Antwort: Mit einem hochwertig ausgerichteten Turnier. Eineinhalb Jahre dauerten die Vorbereitungen. Hess waren die Details wichtig. Etwa schöne Spielfelder zu finden. Die, die nun auf den Tischen stehen, sind mit Alcantara-Leder bezogen und nicht ganz günstig. Auch die Trophäen sind besonders: handgemachte Teller von der Trierer Glaskunst-Werkstatt Binsfeld.

Es sind viele Profis nach Trier gekommen. Jan Jacobowitz (47) ist auch dabei. Letztes Jahr hat er mit dem deutschen Nationalteam die WM in Gibraltar gewonnen. 2007 wurde er WM-Dritter in Monte Carlo. 17 000 Euro Preisgeld. „Beim Backgammon geht es viel um Selbstkritik“, sagt Jacobowitz. Man müsse aus seinen eigenen Fehlern lernen.

Das Turnier geht bis Montag. Freitag startete das Hauptevent und ist im übrigen live auf Youtube zu sehen. Schon am Donnerstag waren 40 Spieler für ein „Early Bird Speedmasters“ eingeschrieben. Das Preisgeld lag immerhin bei 3400 Euro für den ersten Platz. Besucher sind übrigens willkommen.

Was Hellweg so gefällt, ist „die Schnittmenge der Gesellschaft, die sich am Brett trifft. Alle Generationen und Berufe kommen hier zusammen. Alles Freigeister, denen es Spaß macht, etwas zu entscheiden und zu beeinflussen. Da kannst du gewappnet sein, aber keinen Ausgang erzwingen“. Oberflächlich geht es darum, seine Steine mit hohen und passenden Würfelergebnissen schneller als der andere ins eigene Feld zu bringen und abzutragen. Dabei kann man den Gegner auch blockieren. „Es geht viel um Strategien und Wahrscheinlichkeiten, zum Beispiel wie wahrscheinlich es ist, dass eine bestimmte Augenzahl und Kombination der Würfel fällt“, sagt Hellwag. Und dann gibt es noch den Dopplerwürfel, mit dem die Punktzahl des Siegers verdoppelt werden kann. „Man wettet auf die Stellung, die man sich selbst erarbeitet hat und wird zum Buchmacher des eigenen Spiels“, sagt Hellwag.

„Das Spiel ist sehr einfach und doch unendlich komplex“, sagt Sebastian Wilkinson. Vielleicht hat es deshalb schon Spieler vor 5000 Jahren fasziniert. So alt wird Backgammon geschätzt. Im Nahen Osten, Mesopotamien zum Beispiel, soll der Ursprung des Spieles liegen. Genau ist das nicht klar. Auch im Ägypten der Pharaonen gab es das Spiel schon

 Eine Impression vom Turnier in Trier. Noch bis Montag treffen dort ambitionierte Backgammon-Spieler aufeinander. Das Spiel hat eine sehr lange Geschichte, die wohl 5000 Jahre zurückreicht .

Eine Impression vom Turnier in Trier. Noch bis Montag treffen dort ambitionierte Backgammon-Spieler aufeinander. Das Spiel hat eine sehr lange Geschichte, die wohl 5000 Jahre zurückreicht .

Foto: Jan Söfjer
 Backgammon Turnier Trier

Backgammon Turnier Trier

Foto: Jan Söfjer

. „Es hat eine alte Seele“, sagt Wilkinson, der das Leben selber wie ein Spiel sieht. „Du kannst es spielen, wie du möchtest.“

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