Serie Spochtipedia Ein Draufgänger auf zwei Rädern (mit Video)

Trier · Wenn er aufs Rad steigt, wird's rasant: Der Trierer Konstantin Leonhardt gehört zu den 30 besten Downhill-Fahrern in Europa. Für die Serie "Spochtipedia" haben wir uns mit ihm im Weißhauswald getroffen.

 Da kommt er angeflogen: Konstantin Leonhardt betreibt auf dem Mountainbike tollkühn anmutende Downhill-Rennen.

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Foto: TV/Leon Schwass

Nackter Felsen hier, ekliger Sand in der Kurve dort. Und überall Bäume. Links und rechts, knapp neben der Strecke. Wer sich hier mit dem Mountainbike herunterstürzt, muss schon ein bisschen tollkühn sein. Der Trierer Konstantin Leonhardt gehört zu dieser Spezies. Der 22-Jährige zählt zu den Top-30-Downhill-Fahrern in Mitteleuropa.

Er fährt in der sogenannten Elite-Klasse. In der Region Trier hat er schon alles gewonnen. Im sogenannten IXS-Downhill-Cup, einer europaweiten Rennserie, hat er es schon mal unter die Top zehn geschafft.

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Foto: TV/Leon Schwass

Leonhardt, der vor kurzem die Prüfung zum Metzgermeister bestanden hat, war als Kind zunächst Leichtathlet beim PST Trier. Dort schaffte er es bis zum Landesmeister über 1000 Meter. 2014 sattelte er aufs Mountainbike um. Sein erstes Downhill-Rennen bestritt er in der Altersklasse U 19. 2017 dann das erste Rennen als Lizenzfahrer. „Anfangs habe ich große Augen gemacht, wie die Profis runtergedonnert sind. Durch sie hatte ich einen super Anschauungsunterricht“, erinnert sich Leonhardt, der die eigene Nervosität dank seiner Erfahrungen in der vorherigen Leichtahtletik-Karriere schnell in den Griff bekam.

Sein Trainingsrevier vor der Haustür liegt im Weißhauswald, wo der Verein Fahrvergnügen zwei Downhill-Strecken unterhält. Vier Mal pro Woche ist Leonhardt auf dem Rad. Dazu kommen zwei Einheiten im Fitnessstudio. Training für rund 15 Rennen, die jedes Jahr zwischen Mai und Oktober anstehen.

 Gefahren wird auch, wenn’s matschig ist ...

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Foto: TV/privat

Geld lässt sich mit dem Sport nicht verdienen. Leonhardt wird vom Sportartikelhersteller Scott mit Kleidung und Rädern ausgestattet. Wenn er neues Equipment bekommt, verkauft er das alte, um so die Spritkosten reinzuholen. „Pro Jahr kommen 20 000 Kilometer zusammen, die ich in Deutschland und im Ausland zu Rennen unterwegs bin“, rechnet Leonhardt hoch.

Für die Reisen, die ihn unter anderem nach Tschechien, Österreich und Frankreich führen, hat er sich einen Citroën Jumper umgebaut. Hinten ist in dem Kleintransporter eine kleine Werkstatt entstanden, im oberen Bereich hat er sich einen Schlafplatz geschaffen.

„Nur wer gut schraubt, ist auch ein guter Fahrer“, macht Leonhardt deutlich, dass neben fahrerischem Geschick auch technische Kenntnisse gefordert sind. Sie gehen weit darüber hinaus, den Luftdruck der Reifen den Streckenbedingungen anzupassen.

Die Mountainbikes sind Hightech-Modelle. Eine Doppelbrückengabel gibt reichlich Stabilität. Hinzu kommt ein großaufgebauter Hubdämpfer. „Die Federgabel ist so filigran wie Bauteile in der Formel 1“, sagt Leonhardt. Ein Downhill-Bike koste je nach Ausführung zwischen 7000 und 15 000 Euro.

Wer sich Hänge hinunterstürzt, braucht Mut, der aber nicht in Übermut umschlagen darf. „Wer bremst, verliert“, nennt Leonhardt ein naheliegendes Motto im Downhill-Sport. Die Strecken sind meist an die drei Kilometer lang. Zwischen Start und Ziel liegen bis zu 1000 Höhenmeter.

Die Fahrer sausen im Schnitt mit  35 bis 50 Stundenkilometern die schmalen Pfade in Wäldern hinunter. An manchen Stellen geht es bis zu zwei Meter senkrecht bergab.

„Mut lernt man durch Erfahrung. Und Routine macht dich schneller“, sagt Leonhardt. Geschick und vorausschauendes Fahren sind gefragt. Und enorme Sprintfähigkeiten. „Aber nur in die Pedale zu treten, bringt nichts. Man muss wissen, an welchen Stellen man am besten pushen kann“, erklärt Leonhardt. Kluges Fahren ist auch Kopfsache.

„In den Kurven muss man den Bremspunkt optimal treffen. Auch das ist vergleichbar mit der Formel 1“, sagt Leonhardt. Viele Möglichkeiten, um ein Gefühl fürs Timing zu bekommen, gibt es an einem Rennwochenende nicht. Leonhardt: „Es gibt zwei bis drei Trainingsläufe und den Qualifikationslauf, mehr nicht.“ Eine weitere Schwierigkeit: Die Strecken-Bedingungen können sich durch Wetterumschwünge schnell ändern. Was im Training noch galt, kann im Rennen schon ganz anders sein.

Im Rennen gilt dann ,hop oder top’. Es gibt nur einen Lauf. Leonhardt: „Jeder Starter hat nur eine Patrone.“ Drei Tage Training für ein Rennen, das in der Regel zwischen zwei und fünf Minuten dauert. Am Start sind nacheinander in verschiedenen Klassen mehrere Hundert Fahrer. Sie begeben sich im Abstand von 30 Sekunden beziehungsweise einer Minute auf die Strecke. So zieht sich ein Renntag über Stunden hinweg. Zum Start werden die Fahrer mit einem Lift gekarrt. Auf der Strecke geht es dann um Zentimeter. Leonhardt: „Es gab schon Ergebnislisten, da lagen die ersten sieben Fahrer binnen einer Sekunde beieinander.“

Stürze gehören zum Alltag – Leonhardt hat bislang noch keine schweren Verletzungen davongetragen. Aktuell allerdings muss er wegen einer Kapselverletzung in der Schulter kürzertreten. Deshalb muss er auch die Deutsche Meisterschaft an diesem Wochenende in Bad Tabarz sausen lassen. Geschützt sind die Fahrer vielfach – mit einem Voll-Gesichts-Helm, Rücken-, Brust-, Schulter-, Ellbogen- und Nackenprotektoren sowie Knieschonern. Damit der nackte Felsen und der ecklige Sand einem nicht so viel anhaben können.

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