Trier Langstrecken-Triathlon trotz gelähmtem Arm: Trierer Markus Stemper über seine Premiere in Roth

Trier · Aufgeben ist keine Option: Mit 54 Jahren hat der Trierer Markus Stemper seinen ersten Triathlon über die Langdistanz hinter sich gebracht – und das trotz seines gelähmten Arms.

 Moment des Glücks: Der Trierer Markus Stemper (rechts) nach seinem Triathlon über die Langdistanz beim Challenge Roth – der 54-Jährige meisterte die 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und den abschließenden Marathonlauf mit gelähmtem linken Arm.

Moment des Glücks: Der Trierer Markus Stemper (rechts) nach seinem Triathlon über die Langdistanz beim Challenge Roth – der 54-Jährige meisterte die 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und den abschließenden Marathonlauf mit gelähmtem linken Arm.

Foto: Markus Stemper/privat

Über zehn Jahre ist er her, der eine Moment, der sein Leben verändert. Als Markus Stemper auf die Waage runterblickt und sich erschreckt. Da stimmt was nicht. Die dritte Zahl vor dem Komma! „Als ich die 100 gesehen habe“, sagt er, „war das für mich die Initialzündung. Ich musste was tun – und meldete mich zu einem Laufkurs an.“

Zu diesem Zeitpunkt liegt der andere Moment, der Stempers Leben verändert hat, zehn Jahre zurück. Mit Anfang 30 hatte er einen schweren Motorradunfall, ein Zusammenstoß mit einem Traktor, ohne eigenes Verschulden. „Seitdem ist mein linker Arm komplett gelähmt“, sagt der 54-Jährige, der in Trier-Zewen mit seiner Frau zusammen ein Hotel mit Restaurant betreibt. Dass er sich mit dem TV-Reporter trifft, über Initialzündungen, Motivation und hartes Training spricht, war gar nicht seine Idee. Es war die seines Trainers Peter Joecken, der sich an den TV gewandt hat und von der „herausragenden Leistung“ beim legendären Triathlon-Challenge in Roth schwärmt. Das ist Markus Stemper ein bisschen unangenehm. „Ich will mich nicht in den Vordergrund stellen“, sagt er. Aber vielleicht könne seine Geschichte auch Mut machen. Menschen, die sich mit einem Schicksalsschlag oder einem anderen einschneidenden Ereignis noch nicht arrangiert haben. Deshalb erzählt er sie. „Man kann immer was machen“, sagt er. „Man darf nur nie die Hoffnung verlieren.“

Denn der Laufkurs, damals bei Marc Pschebizin, war nur der Startschuss. Mit Pschebizin war er 2008 auch zum ersten Mal beim Challenge Roth, als Zuschauer. „Da war ich hin und weg. Ich habe mich gefragt: Wie schaffen die das?“ Nach 3,8 Kilometer Schwimmen und 180 Kilometern auf dem Rad noch einen Marathon hinterherzuschieben? Jetzt weiß er es. Acht Tage liegen zwischen seinem ersten Triathlon über die Langdistanz und dem Treffen mit dem TV. Auf dem linken Oberarm sieht man noch die „94“, die Startnummer. „Es gibt beim Triathlon keine Behindertenklassen wie etwa bei den Paralympics“, sagt er. „Das ist schade. Es wäre gerechter, wenn es eine Einteilung gäbe.“ Deutliche Nachteile hat er nicht nur beim Schwimmen. „Ich kann auch nicht das gleiche Rad benutzen.“ Die sind beim Triathlon normalerweise sehr aerodynamisch, haben einen hornförmigen Lenker, auf dem die Ellbogen und Unterarme ruhen können. Das ist zu riskant mit einem gelähmten Arm, zu schnell könne man die Balance verlieren. Er sitzt höher, mitten im Wind. Aber um die Zeiten geht’s dem Trierer, der für die TG Konz startet, auch nicht. „Es ging ums Ankommen. Das Schwimmen war für mich super gelaufen – ich bin vorher noch nie so weit am Stück geschwommen. Auf der Radstrecke war es ziemlich windig, aber auch das ging ganz gut.“ Dass vieles geht, wenn man nur dran glaubt, hatte ihm auch die luxemburgische Schwimmlehrerin Edith van der Schilden gezeigt. „Ich bin vorher nie geschwommen, konnte auch gar nicht kraulen. Aber sie sagte: Ich bringe dir das richtig bei.“ Und es klappte: „Meine Schwimmtechnik wurde immer besser.“

Der Marathon – es war sein dritter überhaupt – sei dann aber noch einmal ein richtiger Kampf gewesen: „Nach fünf Kilometern dachte ich mir: Das wird hart. Wenn dir der Kopf ständig sagt ‚hör auf!’ Und der Körper antwortet: ‚mach weiter!’ Man hat in Roth so viel Unterstützung an der Strecke, da ist Aufgeben kein Thema.“ Und wenn man dann durchs Ziel läuft, bei Stemper nach rund 14 Stunden, sei da ohnehin nur noch Adrenalin und Glück.

Ohne seine Frau wäre das ganze Training, die lange Vorbereitung, der Wettkampf undenkbar gewesen, sagt er. „Sie hat mir immer den Rücken freigehalten.“ So kehrte Stemper mit vielen Erinnerungen und Glücksmomenten aus der mittelfränkischen Triathlon-Hochburg zurück. Er hätte für seine besondere Leistung bei der Ehrung am Tag nach dem Challenge sogar ausgezeichnet werden sollen. „Das wusste ich allerdings nicht“, sagt er. „Da war ich schon weg.“ Es wird sicher nicht die letzte Möglichkeit gewesen sein: „Es war nicht mein letztes Mal in Roth.“

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