Leichtathletik Mit Chic, Charme und Chopin

Baden-Baden · Weitsprung-Europameisterin Malaika Mihambo ist eine der Titel-Kandidatinnen bei der Wahl zu Deutschlands Sportlern des Jahres. TV-Mitarbeiter Jürgen C. Braun traf gut eine Woche vor der Gala in Baden-Baden eine Frau mit vielen Talenten.

 Malaika Mihambo und Jürgen C. Braun

Malaika Mihambo und Jürgen C. Braun

Foto: Uli Hugger

„Ich suche mir meist die schwierigeren Stücke aus. Diejenigen, die mich mehr fordern als gewöhnlich.“ Wenn die 24-jährige Tochter einer deutschen Mutter und eines Vaters aus Sansibar von diesen ganz persönlichen Herausforderungen spricht, dann meint sie keine Wettkämpfe, keine neuen Techniken, die es im Training einzustudieren gilt, sondern Klavier-Partituren.

Malaika Mihambo, eine zierlich-drahtige Athletin, ist vielseitig interessiert und talentiert. „Es tut gut, sich auch kulturell selbst entfalten zu können. Für mich ist das ein super Ausgleich. Ich kann wunderbar dabei entspannen.“

Entspannen – das konnte sie am 11. August dieses Jahres bei den Leichtathletik-Europameisterschaften in Berlin nicht. Es hätte nicht viel gefehlt, und die spätere Weitsprung-Europameisterin hätte ihre Medaillenträume an diesem eher kühlen Sommertag schon früh begraben müssen. „Ich kam in den beiden ersten Versuchen überhaupt nicht zum Brett. Vor dem dritten Sprung war die Anspannung riesengroß. Aber dann habe ich mir gesagt: ,Jetzt oder nie. Hau alles rein.’“ Ein halbgarer Sprung hätte wahrscheinlich auch nicht fürs Finale gereicht.“

Und so nahm der Wettkampf für die 24-Jährige von der LG Kurpfalz dann auf einmal doch noch eine  strahlende Wendung. 6,75 Meter zauberte Mihambo in die Grube, nachdem sie zum dritten Mal in Richtung Sandkuhle losgerannt war. Runde 40 Zentimeter mehr als zuvor mit 6,36 Metern. Am Ende sollte diese Weite nach viel Zittern im letzten Durchgang auch für den Titel reichen.

Dass die junge Athletin damit – auch wenn 20 Jahre dazwischen liegen – immer mal wieder als Nachfolgerin von  Heike Drechsler bezeichnet wird, nimmt sie mittlerweile gelassen hin. „Ich hatte in Berlin bei meinem Wettbewerb gar nicht mitbekommen, dass sie an der Grube war. Erst nach der Qualifikation hatten wir Blickkontakt. Und sie hat ja auch später die Siegerehrung vorgenommen. Das war dann natürlich noch einmal ein ganz besonderer Moment.“

Dabei sind die Titel, die Ergebnisse, eigentlich nicht so sehr das, was ihr wichtig ist. Wenn andere von den „magischen sieben Metern“ sprechen, die im Weitsprung der Frauen so eine Art Schallmauer sind, lässt sie das eher kalt. „Zieht man die Zentimeter ab, die man bei jedem Sprung zwangsläufig vor dem Brett liegen lässt, bin ich die bestimmt schon gesprungen“, sagt Mihambo. Wichtiger sei ihr der Sprung als eine Art Gesamt-Kunstwerk. Es sei die Symbiose zwischen Anlauf, Flug und Landung, das gesamte Konstrukt, zu dem viele Facetten gehören, das sie möglichst bis zur Perfektion zelebrieren möchte.

Der Tag ihres Triumphes von Berlin liegt nun schon fast vier Monate zurück. Mihambo ist längst wieder im Training. Sie hat Olympia 2020 in Tokio, aber auch die Weltmeisterschaften in Doha im kommenden Jahr bereits fest im Blick. „Obwohl der Termin der WM sehr ungünstig erst im Oktober liegt, habe ich nie einen Gedanken daran verschwendet, die WM platzen zu lassen, um die Olympia-Vorbereitungen nicht zu unterbrechen.“

Vorher aber freut sie sich auf die Gala zur Wahl von Deutschlands Sportlern des Jahres am 16. Dezember im mondänen Kurhaus von Baden-Baden.

„Das ist eine wunderbare Gelegenheit, einmal mit Sportlerinnen und Sportlern aus völlig anderen Disziplinen zusammen zu kommen.“ Ob das Outfit für die Gala schon parat liegt, darüber wollte sie noch nicht plaudern. Nur so viel verriet sie. „Es wird etwas Chices.“  Über Platzierungen macht sie sich (noch) keine Gedanken. „Ich lasse mich einfach überraschen.“ Aber eine Ehre, eingeladen zu sein, sei es allemal.

Die Weitsprung-Europameisterin Malaika Mihambo geht das „Familienfest des Deutschen Sports“ in ihrer ganz persönlichen, ungewöhnlichen Art und Weise an: Mit Chic, Charme und Chopin.

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