Handball Ein ungeplantes Abenteuer an der Mosel

Trier · Die Litauerin Dovile Ilciukaite sagte im Sommer spontan den Miezen zu – und hofft nun bei den Trierer Handballerinnen so einzuschlagen wie ihre Landsfrau Zivile Jurgutyte. Am Samstag feiert sie ihr Heimdebüt.

 Rückraum oder Außen: Der litauische Miezen-Neuzugang Dovile Ilciukaite ist variabel einsetzbar.

Rückraum oder Außen: Der litauische Miezen-Neuzugang Dovile Ilciukaite ist variabel einsetzbar.

Foto: TV/Jürgen Brech

Manchmal muss es schnell gehen. Wenn zum Beispiel zwischen erster Anfrage, Entscheidung und schließlich Umzug in ein anderes Land nur drei Wochen liegen. So erging es Dovile Ilciukaite in diesem Sommer. Wäre ihr Leben normal weitergelaufen, hätte sie gestern ihren 27. Geburtstag im litauischen Kaunas gefeiert, vielleicht nach dem Training einen für ihre Mannschaftskameradinnen ausgegeben. So aber stieß sie erst in Kasel an der Ruwer mit ihrem Freund an und war dann abends zum Training mit ihrer neuen Mannschaft in der Arena Trier.

„Ich hatte nicht geplant, ins Ausland zu wechseln“, sagt die litauische Handballerin. Aber dann erreichte sie die Anfrage einer Landsfrau. Birute Schaich, die unter ihrem Mädchennamen Stelbrink viele Jahre in der Frauen-Handball-Bundesliga spielte, unter anderem in Göppingen. „Hast du Lust nach Deutschland zu wechseln?“, lautete die Frage. „Wann?“, die Gegenfrage. „Sofort“. Dovile Ilciukaite überlegte, sagte spontan zu. „Das ist für mich ein echtes Abenteuer“, sagt sie jetzt. Bis Ende Juli musste sie noch ihren Arbeitsvertrag in Kaunas erfüllen. Pünktlich zum 1. August war sie dann in Trier, bei den Miezen, ohne vorher Probetraining absolviert zu haben.

Miezen-Vorstand Jürgen Brech hatte sich bei seiner Suche nach Neuzugängen bei Schaich gemeldet, ob sie nicht eine Litauerin empfehlen könne, am besten eine, die auf vielen Positionen spielen kann. Die klopfte bei Ilciukaite an – und war erfolgreich. Nach siebeneinhalb Jahren beim mehrfachen Meister Zalgiris Kaunas folgte der Umzug an die Mosel, mittlerweile ist Ilciukaite mit ihrem Freund in eine Wohnung in Kasel gezogen – und hat so schon ein paar Leute kennengelernt, die am Samstag auch für sie trommeln werden. Denn bei der MJC ist es Tradition, dass Fanklub-Mitglieder neuen Spielerinnen beim Einzug helfen.

Für die frühere Nationalspielerin und Europapokal-Teilnehmerin war es der erste Wechsel ins Ausland. Von Trier hat die Rechtshänderin schon einiges gesehen, „eine nette Stadt“, wie Ilciukaite sagt. Vorrang haben derzeit aber andere Dinge: Deutsch lernen und in die Mannschaft integrieren. Sie absolviert einen Deutschkurs, zudem hilft ihr Birute Schaich, die Dozentin für Deutsch als Fremdsprache ist, per „Fernstudium“.

Überrascht zeigte sich der Neuzugang über eine Sache bei den Miezen: die vielen Nationen im Kader. „Ich dachte, die Mehrzahl wären deutsche Spielerinnen.“ So aber spielt sie mit Rumäninnen, Mazedonierinnen, Polinnen, Slowakinnen und so weiter. Amtssprache im Training ist Deutsch, Ilciukaite lernt schnell, unterhält sich mit ihren Mitspielerinnen noch auf Englisch, Trainerin Elena Vereschako spricht Russisch mit ihr. „Aber so gut ist mein Russisch nicht“, sagt sie, und fügt gleich auf Deutsch an: „Ich spiele Rückraum.“

Mittlerweile hat sie schon einen Minijob in Trier, lernt auch so schneller Deutsch. Und das mit dem Rückraum spielen stimmt nur halb: „Sie kann so ziemlich auf allen Positionen außer im Tor eingesetzt werden, ist eine echte Allrounderin“, sagt Vereschako. So taucht Ilciukaite auch schon auf der linken Außenbahn auf, Vorstand Brech sieht sie am liebsten als Spielmacherin – zudem ist die Litauerin auch die neue Siebenmeterwerferin bei den Miezen.

Dass es zum Saisonstart schwer werden würde, auch angesichts der kurzen Vorbereitung, war dem MJC-Neuzugang klar. Aber Ilciukaite sieht vor ihrem Heimdebüt am Samstag (18 Uhr) gegen Beyeröhde die Hoffnung auf Besserung: „Unser erstes Spiel in Mainz war schlecht, aber in Zwickau haben wir schon viel besser gespielt. Das geht jetzt hoffentlich Schritt für Schritt so weiter, auch wenn unser Kader recht klein ist. Wenn Dora Simon-Varga nach ihrer Verletzung zurückkommt, haben wir wieder eine Option mehr. Das wird schon werden!“

Gespannt ist sie, wie viele Fans am Samstag die Heimpremiere sehen wollen: „In Litauen kamen zu normalen Ligaspielen kaum Zuschauer, da hoffe ich in Trier schon auf ein größeres Publikum.“

 Dovile Ilciukaite.

Dovile Ilciukaite.

Foto: TV/Björn Pazen

Dass sie nicht die erste Litauerin im Miezen-Trikot ist, wurde ihr erst nach der Ankunft an der Mosel bewusst. „Ich wusste, dass Zivile Jurgutyte in Deutschland spielt, hatte aber nicht auf dem Schirm, dass sie auch mal in Trier war.“ Wenn Ilciukaite so einschlägt wie ihre Landsfrau, die die MJC vor zwei Jahren quasi im Alleingang vor dem Abstieg in die 3. Liga rettete, dann hätte sich die schnelle Entscheidung im Sommer mit Sicherheit für beide Seiten gelohnt.

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