Energie Leistung nach Bedarf

Eisenach · Bislang werden Schwankungen im Stromnetz durch schnell anlaufende Energieerzeuger ausge- glichen. Diesen Beitrag zur Netzstabilität könnten zukünftig Biogasanlagen übernehmen. In Eisenach wurde eine Anlage umgebaut.

 Landwirt Tobias Hankes (links) und Innogy-Kundenbetreuer Thomas Badry demonstrieren das neue Blockheizkraftwerk, mit dem Energie bedarfsgerecht ins Netz eingespeist werden kann.

Landwirt Tobias Hankes (links) und Innogy-Kundenbetreuer Thomas Badry demonstrieren das neue Blockheizkraftwerk, mit dem Energie bedarfsgerecht ins Netz eingespeist werden kann.

Foto: Uwe Hentschel

Was das Wetter betrifft, so ist es für die Präsentation der Biogasanlage in Eisenach ein guter Tag, der allerdings in einem denkbar schlechten Zeitraum liegt. Nur wenige Tage zuvor hat das Unwetter in einigen Gemeinden des Eifelkreises erheblichen Schaden angerichtet. Viel braunes Wasser ist über Straßen und Grundstücke und durch Häuser geflossen.

Für das Ausmaß der Schäden vielfach mitverantwortlich gemacht wurden und werden unter anderem auch die Biogasanlagenbetreiber. Diese, so der Vorwurf, würden immer mehr Mais in Monokulturen anbauen. Und da auf Maisfeldern bei Niederschlägen die Gefahr von Bodenerosionen besonders hoch sei, werde bei Hochwasser auch immer mehr Boden weggespült. Und der sorge dann anderswo für zusätzliche Probleme.

Für Thomas Griese, Staatssekretär des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten, sind das nur Vorurteile, die sich durch Fakten widerlegen lassen. Mit Blick auf den gesamten Maisanbau liege der Anteil des Mais, der für Biogasanlagen benötigt werde, gerade mal bei zwei Prozent, sagt der Mann aus Mainz. Er verweist auf die jüngste Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), wonach der Maisanteil bei Biomasse (für neuere Anlagen) ohnehin auf 50 Prozent gedeckelt worden sei. „Man kann hierbei also keineswegs von Monokulturen sprechen“, so Griese, der aber eigentlich nicht Eisenach nach gekommen ist, um über die Biomasse zu reden, sondern vor allem über das Produkt, das daraus entsteht.

Es geht um den Strom. Den erzeugen die anderen gut 160 Biogasanlagen in Rheinland-Pfalz zwar auch, doch ist die Anlage, die der Eisenacher Landwirt Tobias Hankes östlich der Ortslage betreibt, etwas Besonderes. Hankes hat seine Anlage umgerüstet und um ein flexibles Blockheizkraftwerk (BHKW) erweitert. Während die Kraftwerke anderer Biogasanlagen rund um die Uhr mit konstanter Leistung laufen, ist dieses neue BHKW, in das Hankes rund 400 000 Euro investiert hat, in der Lage, den Strom nach Bedarf ins Netz einzuspeisen.

So kommt es im Stromnetz regelmäßig zu Schwankungen, die auf Energieverluste, aber auch auf die Differenz zwischen der Stromeinspeisung und dem jeweils aktuellen Bedarf zurückzuführen sind . Um die elektrische Leistung im Stromnetz dennoch konstant zu halten, müssen diese Schwankungen möglichst schnell ausgeglichen werden.

Das geschieht mittels sogenannter Primärreserven, die zum Beispiel durch Wasserkraftwerke bereitgestellt werden, weil deren Leistung sich vergleichsweise schnell regeln lässt.

„Um Netzstabilität zu gewährleisten, brauchen wir Anlagen, die wir ständig rauf und runter fahren können“, erklärt Griese. Und dazu seien Biogasanlagen geradezu prädestiniert. Das neue BHKW von Hankes hat eine Grundleistung von 400 Kilowatt (KW). Je nach Bedarf kann die Leistung auf bis zu 250 KW gedrosselt oder 550 KW gesteigert werden.

Und das innerhalb von 30 Sekunden. Das entsprechende Signal für die benötigte Leistung erhält die Anlage direkt vom Stromvermarkter. In diesem Fall ist das der Energieversorger Innogy, der das Projekt gemeinsam mit Tobias Hankes umgesetzt hat.

„Wir haben uns irgendwann die Frage gestellt: Wo wollen wir mit unserer Biogasanlage eigentlich hin?“, erklärt der Landwirt.

Da die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für Biogasanlagen immer schlechter werden, suchen Betreiber nach Möglichkeiten einer besseren Stromvermarktung. Und eine dieser Möglichkeiten ist der Weg, den Familie Hankes gewählt hat. Sie sind damit landesweit womöglich die ersten, die ihre Anlage derart umgerüstet haben. Zumindest ist der Energieagentur Rheinland-Pfalz kein weiterer Betrieb bekannt.

Staatssekretär Griese hofft aber, dass sich das ändert. Gerade für bestehende Betriebe sei das eine gute Option, um die Anlagen auch zukünftig wirtschaftlich betreiben zu können. Kein anderes Kraftwerk sei in der Lage, so schnell Primärreserven zur Verfügung zu stellen wie eine Biogasanlage, sagt Griese. Für ihn steht fest: „Auf dem Gebiet der Bereitstellung von Energie ist das die Königsklasse.“

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