Arbeitsmarkt „Fachkräfte fallen nicht vom Himmel, sie haben drei Jahre Lieferzeit“

Trier · Den Stein der Weisen durfte man sich von der CDU-Podiumsdiskussion „Fachkräftemangel – Wege aus der Misere“ im Vorfeld nicht erwarten. Dass die Veranstaltung des CDU-Verbandes Trier-Stadt dennoch einige interessante Aspekte hervorbrachte, war einem hervorragend besetzten Podium geschuldet.

 Auswege gesucht: Rudi Müller, Andreas Steier, Maximilian Monzel, Professor Matthias Zimmer und Regina Görner diskutieren, wie dem Fachkräftemangel in der Region entgegenzuwirken ist.

Auswege gesucht: Rudi Müller, Andreas Steier, Maximilian Monzel, Professor Matthias Zimmer und Regina Görner diskutieren, wie dem Fachkräftemangel in der Region entgegenzuwirken ist.

Foto: TV/Heribert Waschbüsch

CDU-Chef Maximilian Monzel hatte die Moderation übernommen und die Linie vorgezeichnet. „Die Situation in der Kinderonkologie in Trier hat es uns drastisch vor Augen geführt: Wir haben in allen Bereichen ernsthafte Probleme mit dem Fachkräftemangel.“

Für Regina Görner (CDU, in Trier geboren), ehemalige saarländische Sozialministerin und ehemals Vorstandsmitglied in der IG Metall, kommt das Fachkräfteproblem allerdings wenig überraschend. „Die Schulabgängerzahlen können wir mit einem Vorlauf von fünfzehn Jahren genau berechnen.“ Und Wirtschaft und Politik hätten gewarnt sein müssen. In den 80er Jahren kamen rund 700 000 junge Menschen aus der Schule, heute seien es etwa noch 400 000. Mit der Herausforderung muss auch das Handwerk leben. Rudi Müller, Trierer HWK-Präsident, sieht seine Branche vor großen Herausforderungen: „Wir könnten rund 2000 Fachkräfte sofort einstellen.“ Im Handwerk arbeite man seit Jahren an einem besseren Image, inzwischen mit Erfolg, setze auf Qualifikation und Berufsbegleitung. So haben in diesem Jahr mehr als sieben Prozent der neuen Azubis einen Migrationshintergrund. Unterstützung bekommt die Duale Ausbildung von Professor Matthias Zimmer. Der Bundestagsabgeordnete ist CDU-Obmann im Ausschuss Arbeit und Soziales. „Wir haben in Deutschland inzwischen 19 000 verschiedene Studiengänge.“ Doch beste Zukunftschancen hätten junge Menschen mit einer  Dualen Ausbildung. Und hier sei Deutschland mit der geringsten Jugendarbeitslosigkeit für viele Länder ein Vorbild. Leider gelänge es aber bisher nicht, Jugendliche, etwa aus Spanien oder Griechenland, zur Ausbildung nach Deutschland zu bekommen. Deshalb sei ein vernünftiges Zuwanderungsgesetz, an dem man arbeite, wichtig. Doch ebenso müssten Langzeitarbeitslose mit allem Engagement für den Arbeitsmarkt fit gemacht werden. Andreas Steier, CDU-Bundestagsabgeordneter (Trier, Trier-Saarburg), sieht im Wettbewerb zu Luxemburg auch die weichen Standortfaktoren als wichtig an. Der CDU-Mann hat früher selbst in Luxemburg gearbeitet und kennt die Vorteile geringerer Sozialabgaben im Großherzogtum. „Aber es bedeutet auch jeden Tag mindestens zwei Stunden Fahrt zur Arbeit und vielen Menschen ist heute die Work-Life-Balance sehr wichtig.“

Und was beklagen die Zuhörer bei der Diskussionsrunde? Eine zunehmende Bürokratisierung, wenn es darum geht jungen Flüchtlingen in den Beruf zu helfen. Den Pflegenotstand, der es den Mitarbeitern nicht erlaubt, ihre Arbeit in der vorgegebenen Zeit zu erledigen oder auch der Lehrernotstand, der bald die sogenannten Grünen Berufe im Land ausbremsen könnte. Maximilian Monzel sieht die Politik gefordert, sei es mit einer überdachten Einwanderungspolitik, die losgelöst ist von der Asylpolitik oder in Anreizen, auch ältere Arbeitnehmer länger fit im Beruf zu halten. Regina Görner nimmt zudem die Wirtschaft in die Pflicht: „Fachkräfte fallen nicht vom Himmel, sie haben mindestens drei Jahre Lieferzeit.“ Unternehmen könnten sich heute nicht mehr aussuchen, wen sie ausbilden, sie müssten viel mehr alles daran setzen, das gesamte Potenzial zu nutzen und jeden auszubilden. Bei allen Problemen sind sich die Podiumsteilnehmer dennoch sicher, dass die Region alle Möglichkeiten hat, diese zu lösen und positiv in die Zukunft zu gehen.

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