Longuich dreht am Hexenwürfel

Longuich · Die Moselgemeinde arbeitet die Zeit der Hexenverfolgung auf. Am 30. April wird der neue Erinnerungspunkt vor dem Maximinerhof eröffnet. Fast ein Fünftel der Einwohner landete einst auf dem Scheiterhaufen.

Longuich dreht am Hexenwürfel
Foto: (h_tl )

Longuich Die Geschichte der Moselbahn hat die Gemeinde Longuich bereits in einem sogenannten Erinnerungspunkt in der Ortsmitte aufgearbeitet (der TV berichtete am 8. Mai 2015). Nun folgt Erinnerungspunkt Nummer zwei: die Aufstellung eines "Hexenwürfels" vor dem Eingang des Maximinerhofs in Longuich, einem Hofkomplex der früheren Reichsabtei St. Maximin in Trier.
Auf den sechs Seiten des Würfels wird der Betrachter anhand von Bildern, Texten und Grafiken über die Zeit der Hexenverfolgung Ende des 16. bis Mitte des 17. Jahrhunderts informiert. Unter anderem wird berichtet, wie es vom Magieglauben zum Hexenwahn kommen konnte und wer den Hexenwahn förderte und ihn bekämpfte. Auch der Rolle der Reichsabtei St. Maximin wird ein Kapitel gewidmet.
Die historische Zeitreise antreten kann man ab 30. April. Passend an Hexennacht wird der Erinnerungspunkt feierlich eröffnet (17 Uhr). Gleichzeitig wird nach Mitteilung von Ortsbürgermeisterin Kathrin Schlöder der mit 22 Hinweisschildern neu konzipierte Kulturhistorische Rundgang durch die Gemeinde vorgestellt.
Der Arbeitskreis Heimat und Geschichte des Heimat- und Verkehrsvereins Longuich-Kirsch hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit der Hexenverfolgung beschäftigt. Und es gibt in der Tat viel Berichtenswertes. Die Wahrscheinlichkeit, als Hexe denunziert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt zu werden, war in Longuich und Umgebung in der Frühen Neuzeit besonders groß.
"Es wurden Schuldige für Missernten gesucht. Und die Leute haben kräftig mitgemacht, wenn es darum ging, andere zu denunzieren", sagt Jürgen Schlöder vom Arbeitskreis Heimat und Geschichte. Überliefert ist auf dem Würfel auch die Geschichte des "Longuicher Eulchens" (siehe Info).
Rita Voltmer, Historikerin an der Uni Trier und Vorsitzende der Friedrich Spee Gesellschaft Trier, hat die Hexenprozesse im Rhein-Maas-Mosel-Raum wissenschaftlich aufgearbeitet. Grundlage war unter anderem das in der Stadtbibliothek aufbewahrte Hexenregister des Claudius Musiel mit Aussagen von Hingerichteten aus dem Trierer Land von 1586 bis 1594.
Laut Voltmer ist es im Territorium der Reichsabtei St. Maximin zu einer der schlimmsten Hexenverfolgungen Europas gekommen. Fast 20 Prozent der damals dort lebenden Erwachsenen, mehr als 400 Menschen, seien hingerichtet worden. 280 Prozesse der weltlichen, mit Laienschöffen besetzten Hochgerichte in Maximin, Fell, Oberemmel und Detzem seien dokumentiert.
Schlossermeister Horst Jägen hat den drehbaren, 50 mal 50 Zentimeter großen und 40 Kilogramm schweren Hexenwürfel aus Edelstahl in seiner Werkstatt in Kirsch hergestellt.
Der Luxemburger Fernand Urhausen, ein pensionierter Kommunikationsdesigner, der mittlerweile in Longuich lebt, hat das Layout entworfen. Auf den sechs Würfelseiten wird eine Spezialfolie mit UV-Schutz aufgeklebt. Urhausen macht das ehrenamtlich: "Die Leute im Arbeitskreis geben sich so viel Mühe, die Geschichte des Dorfes zu präsentieren. Da helfe ich gerne."
Designer Urhausen und Schlosser Jägen haben schon an dem Moselbahn-Erinnerungspunkt mitgearbeitet. Dieser werde sehr gut angenommen, sagt Maria Hübner vom Longuicher Arbeitskreis Heimat und Geschichte. Deshalb habe man auch beim Hexenwürfel neben einer eingängigen inhaltlichen Präsentation auf eine gute Handhabung geachtet. Auch Kinder und Jugendliche können den Würfel nutzen und ihn durch ein seitlich angebrachtes Rad leicht hin und her bewegen.
Einen dritten Erinnerungspunkt, da ist sich Hübner ziemlich sicher, wird es eines Tages auch noch in Longuich geben.Extra: DIE LEGENDE VOM LONGUICHER EULCHEN

 Schlosser Horst Jägen hat den Longuicher Hexenwürfel (Bild rechts) hergestellt. An Hexennacht wird er vor dem Maximinerhof in Longuich (Bild links) aufgestellt. TV-Fotos (3): Albert Follmann

Schlosser Horst Jägen hat den Longuicher Hexenwürfel (Bild rechts) hergestellt. An Hexennacht wird er vor dem Maximinerhof in Longuich (Bild links) aufgestellt. TV-Fotos (3): Albert Follmann

Foto: (h_tl )
 Eine Miniaturausführung aus Holz diente als Vorbild für den 50 mal 50 Zentimeter großen Hexenwürfel aus Edelstahl.

Eine Miniaturausführung aus Holz diente als Vorbild für den 50 mal 50 Zentimeter großen Hexenwürfel aus Edelstahl.

Foto: (h_tl )


Der Legende nach soll das "Longuicher Eulchen" als Hexe verbrannt worden sein. So wurde im Volksmund Dorothea Eligia von Bentzerath genannt. Sie hat im 16. Jahrhundert in der Alten Burg in Longuich gelebt. Laut dem Hexenregister von Claudius Musiel soll das wegen ihrer Hakennase so verspottete "Eulchen" 16-mal von Opfern der Hexenverfolgung unter der Folter der Hexerei bezichtigt worden sein. Ob die um 1590 Verstorbene aber auf dem Scheiterhaufen landete, ist nicht überliefert. Es wird auch gemutmaßt, dass sie der Hinrichtung entgehen konnte, weil sie gütig und mildtätig war. In einer Nische der Longuicher Pfarrkirche war eine Grabfigur gefunden worden, die die Adelige darstellt.

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