Traben-Trarbach/Trier Tiefe Einblicke in ein dunkles Kapitel Weinbaugeschichte an der Mosel

Traben-Trarbach/Trier · Der Historiker Christof Krieger hat die Weinpropaganda im Dritten Reich am Beispiel von Mosel, Saar und Ruwer erforscht.

 Die Winzergruppe Mehring am Brandenburger Tor 1936.

Die Winzergruppe Mehring am Brandenburger Tor 1936.

Foto: Sammlung Werner Dorsch

Die Forschung über die Zeit der Naziherrschaft in Deutschland ist komplex. 73 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs sind viele Wissenslücken geschlossen. Historiker Christof Krieger hat nun einen Bereich erforscht, zu dem bislang kaum seriöse Erkenntnisse vorlagen. In seiner als Buch erschienenen Doktorarbeit hat er akribisch die Geschichte der Weinpropaganda im Dritten Reich am Beispiel des Anbaugebiets Mosel, Saar und Ruwer aufgearbeitet. Er hat dafür zehn Jahre lang zumeist unveröffentlichte Quellen gesichtet und ausgewertet.

„Unter der Parole ,Wein ist Volksgetränk’ hat das NS-Regime in den Friedensjahren das Trinken deutschen Rebensaftes geradezu als nationale Tat beschworen“, sagt Krieger, der für sein 512 Seiten starkes Buch auch zahlreiche Bildquellen verwendet. Diese illustrieren auch die Zeit der „Weinpatenschaften“: In den Jahren 1935 bis 1937 übernahmen annähernd 1000 Städte in ganz Deutschland Patenschaften für Winzerorte vornehmlich der Mosel und feierten im Rahmen eines reichsweiten „Festes der deutschen Traube und des Weines“ bei vom Parteiapparat der NSDAP organisierten volkstümlichen Weinfesten und Umzügen. So waren beispielsweise Mehring Patenort von Berlin und die Städte Köln und Breslau Weinpaten für Trittenheim. 

Nach Erkenntnissen Kriegers waren dies im Zusammenhang mit den umfassenden Propagandamaßnahmen die größten Weinabsatzaktionen, die es jemals in Deutschland gegeben hat. Der Historiker zeigt aber auch auf, dass die fünf Jahre vor dem Krieg für die Winzer und den Weinbau an der Mosel von einem Wechsel zwischen Rekord- und Missernten, von drohender Verarmung und potenziellen Rekordabsätzen geprägt waren. Dabei sei die propagandistische Aufmerksamkeit, die der Hitlerstaat den deutschen Winzern damals  wie keiner anderen Berufsgruppe widmete, nach der Machtergreifung der NSDAP 1933 nicht im Entferntesten absehbar gewesen. Ganz im Gegenteil. „Die NS-Weinpropaganda beruhte auf nichts anderem als einer Verkettung ungewöhnlicher Zufälle und einer nur unter den spezifischen Beding­ungen des NS-Staates möglichen Eigendynamik“, bilanziert Krieger. Wie er zu dieser Erkentnis kommt, ist in der hochwertig gebundenen Doktorarbeit nachzulesen. Es ist keine leichte Lektüre. Und manche neue Erkenntnis wird Menschen mit verklärtem Blick auf die Geschichte des Weinbaugebiets Mosel schmerzen.

 Festumzug zum „Weinfest der Westmark“ in Bernkastel-Kues 1937.

Festumzug zum „Weinfest der Westmark“ in Bernkastel-Kues 1937.

Foto: Foto: Kreisarchiv Wittlich
 Patenweine der Reichshauptstadt Berlin beim Abtransport vor dem Winzerverein im Moselort Mehring.

Patenweine der Reichshauptstadt Berlin beim Abtransport vor dem Winzerverein im Moselort Mehring.

Foto: Sammlung Werner Dorsch
 Ehrentrunk des Koblenzer Gauleiters Gustav Simon beim „Weinfest der Westmark“ in Bernkastel-Kues 1937.

Ehrentrunk des Koblenzer Gauleiters Gustav Simon beim „Weinfest der Westmark“ in Bernkastel-Kues 1937.

Foto: Foto: Kreisarchiv Wittlich

Christof Krieger stellt sein Buch am morgigen Freitag vor: 19 Uhr, Bürgerhaus Trittenheim, Eintritt frei.

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