Geschichten Trierer Schüler hören, lesen, vergleichen und erraten Märchen

Trier · Gemeinsam mit einem Autor beschäftigen sich Kinder der Grundschulen Biewer, Pallien, Trier-West und Zewen tagelang mit Märchen. In manchen Schülern löst das mehr aus, als sie dachten.

 Die Schüler der Klassen 3 und 4 der Grundschule Reichertsberg tauchen mit dem Autor Franz-Georg Horras ein in die Welt der Sagen, Legenden und Märchen.

Die Schüler der Klassen 3 und 4 der Grundschule Reichertsberg tauchen mit dem Autor Franz-Georg Horras ein in die Welt der Sagen, Legenden und Märchen.

Foto: Franz-Georg Horras

Der Trierer Buchautor Franz-Georg Horras hat mit Unterstützung des städtischen Amts für Kultur und Internationale Angelegenheiten ein Projekt zu Märchen, Sagen und Legenden in vier Grundschulen verwirklicht. Titel: „Das Sandmädchen, mit Wahrheiten und Hintergründen aus dem sagenumwobenen Felsenland“.

Zunächst behandelten die vierten Klassen der Zewener Grundschule mit einem Leseprojekt-Nachmittag das Thema Märchen intensiv. Lehrerinnen luden dazu Franz-Georg Horras als Autor des frisch erschienenen Buchs „Sagenumwobenes Felsenland. Das Sandmädchen“ ein.

Auch die dritten Klassen tauchten in das Thema ein: Die Kinder brachten viele Märchenbücher und eigene Vorerfahrungen mit in die Schule. Gemeinsam mit den Lehrerinnen Sandra Heckmann und Simone Burczyk erarbeiteten sie typische Märchenmerkmale. Die Kinder konnten sich selbständig in einer Lerntheke mit bekannten und unbekannten Märchen auseinandersetzen. Dabei entstand eine Mappe, die jedes Kind individuell gestalten konnte.

An zwei Tagen besuchte der Buchautor die Schule. Er sprach mit den Kindern über verschiedene Märchen und erarbeitete, ergänzte und vertiefte wichtige Merkmale von Märchen, Sagen und Legenden. Bei der Vorstellung des Sandmächen-Buchs sollten die Kinde rihre eigenen Vermutungen anstellen, wie es wohl weiter gehen könnte. Ebenso mussten sie ein Rätsel lösen, um schließlich das Ende des Märchens zu erfahren.

Die Kindern fanden die Stunden spannend. Es waren Kommentare zu hören wie: „ Es war ein schöner Schultag“, „Märchen sind doch nicht so langweilig, wie ich immer dachte“ und „Herr Horras erinnert mich an meinen Opa, der erzählt mir auch manchmal Märchen“.

Es ging Georg Horras aber nicht nur um die bekannten Märchen, sondern auch um die Entwicklung zu religiös geprägten Legenden oder volkstümlichen Sagen. Sie enthalten oft Zeit- und Ortsangaben sowie die Namen der handelnden Personen. So wird historische Forschung möglich.

Eine Erkenntnis des Projekts: Kinder in Zewen, Trier-West, Pallien und Biewer kennen oft gar nicht mehr die Örtlichkeiten, wenn vom Markusberger Brauchtum oder von den Sandhöhlen mit ihren Heinzemännchen oder Wichteln, den geheimnisvollen Mühlen, den Grotten der Eremiten und Heiligen gesprochen wird. Die Wege in das Felsenland werden heutzutage kaum noch von den Kindern erkundet.

Gleich sieben verschiedene Herkunftsländer sind in den beiden dritten Klassen von Tanja Saletin und Kerstin Huber an der Grundschule Reichertsberg vertreten. Dabei kennen die Kinder durchaus Märchen ihrer Heimatsprache durch ihre Eltern. Der Zugang zu den deutschen Märchen etwa der Gebrüder Grimm kommt in der Regel durch Medien wie das Fernsehen oder mittels DVD. Das ist auch bei den meisten deutschstämmigen Kindern so.

Andrea Trautmann, Lehrerin in einer vierten Klasse: „Ich selbst liebe Märchen und erzähle sie meiner Tochter. Dadurch verfügt sie mittlerweile selbst über einen kleinen Märchenschatz.“

In der Grundschule Pallien fällt auf, dass wenige Kinder eigene Bücher zuhause haben und praktisch auf die anderen Medien angewiesen sind. Schulleiterin Carola Siemon, die auch der Grundschule Reichertsberg vorsteht, hält daher einige Bücher zur Ausleihe bereit und freut sich, wenn 2020/21 die beiden Schulen zusammengelegt werden. Das schulische Angebot soll sich dadurch in vielen Aspekten bereichern, was den Kindern zugutekommt.

Ähnlich sieht es Schulleiterin Isabelle Baumhögger von der Grundschule am Biewerbach, seit 2010 Modellschule für Partizipation und Demokratie. Das innerschulische Leseangebot ruhte aufgrund eines Nässeschadens, bei dem nahezu der gesamte Bücherbestand vernichtet wurde, über ein Jahr. Durch zahlreiche Spenden sowie das Engagement des Lehrerkollegiums und der Hausmeister konnte die Schulbücherei jetzt völlig neu aufgebaut werden und steht den Kindern für das neue Schuljahr wieder zur Verfügung.

Lerjon aus der Klasse 4b freut sich: „Ich lese gerne selbst und leihe mir meine Bücher derzeit in der Stadtbücherei aus.“ Dort und in den Schulbüchereien der Grundschulen ist das Buch von Franz- Georg Horras jetzt natürlich auch auszuleihen. Horras berichtet, dass einige Biewerer Schüler der Klassen 3 und 4 angaben, mehr als zehn Bücher zu besitzen- das wäre überdurchschnittlich. Eine Klasse wählte „Schneewittchen“ zu ihrem Lieblingsmärchen und liegt damit voll im Bundestrend.

In Biewer war der Impuls deutlich, nach den Projekttagen weiter am Thema zu arbeiten. Mit ihrem Lehrer kreierten die Schüler der Klasse 3a Märchenboxen zur Aufbewahrung ihrer selbstgemalten Bilder. Andere versprachen dem Autor, dass sie mit ihren Eltern die Höhlen von Zwerg und Sandmädchen suchen wollen. „Glaubst du, dass es die wirklich gibt?“, fragte ein Schüler. „Nun, es gibt Menschen, die glauben daran“, ließ Franz-Georg Horras die Antwort bewußt offen. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“

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