Städtepartnerschaft „Trier hat Ascoli nicht vergessen“

Trier · 60 Jahre Städtepartnerschaft mit Ascoli: Der italienische Bürgermeister reagiert nicht auf ein Schreiben von OB Leibe. Gefeiert wird trotzdem.

 Die Piazza del Popolo in Ascoli gilt als einer der schönsten Plätze Italiens. Paläste, Arkaden und die Kirche wurden aus Travertin gebaut.

Die Piazza del Popolo in Ascoli gilt als einer der schönsten Plätze Italiens. Paläste, Arkaden und die Kirche wurden aus Travertin gebaut.

Foto: TV/Hans-Peter Linz

Tausende Trierer waren in den vergangenen 60 Jahren schon da. Mit duftenden Klapp-Pizzen in der Hand haben sie als Schüler auf den warmen Stufen des Palazzo dei Capitani gefläzt und der mittelitalienischen Stadt dabei zugeschaut, wie sie aus ihrer Nachmittagsstarre erwacht. Wie sich der sanft glänzende Travertin der Piazza del Popolo mit flanierenden Menschen füllt, die sich laut und gestikulierend über die Sensationen des Tages austauschen.

Jahre später dann kehrten diese Trierer vielleicht zurück, um im legendären Café Meletti einen Aperitif zu trinken, zu dem reichlich Gratis-Häppchen gereicht werden. Den Blick bewundernd auf die sanft schimmernde Piazza gerichtet, die mit ihren hellen Arkadenbauten, ihrer gotischen Hallenkirche und der mittelalterlichen Markthalle von dem Reiseportal TripAdvisor zu einem der 20 schönsten Plätze der Welt gekürt wurde.

Umgeben von mittelalterlichen Gässchen und den Olivenhainen des quirligen Städtchens Ascoli Piceno – Triers Partnerstadt, die sich so manchem Moselaner tief ins Herz gegraben hat, seit die Städtefreundschaft im Jahr 1958 begann.

Eine Freundschaft, um die es dennoch besserstehen könnte. „Trier hat Ascoli nicht vergessen“, schreibt die Ascolaner Online-Zeitung Cronache Picene. „Aber Ascoli hat Trier vergessen“. Denn Guido Castelli, der Bürgermeister des 50 000-Einwohner-Städtchens, scheint kein großes Interesse an einem Austausch zu haben.

Auf einen Brief, in dem Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) ankündigte, dass er gerne mit einigen Trierern auf Besuch nach Ascoli kommen würde, hat Castelli, Mitglied der rechten Partei „Forza Italia“, dem italienischen Bericht zufolge nicht einmal geantwortet.

Das Trierer Rathaus bestätigt, dass es auf das offizielle Schreiben „keine Resonanz“ gab. „OB Wolfram Leibe findet das zwar bedauerlich, aber wichtiger als der Austausch zwischen Oberbürgermeistern ist ihm, dass die Partnerschaft auf Bürger­ebene gelebt wird. Und das funktioniert gut“, teilt Pressesprecher Michael Schmitz mit.

Dafür, dass das funktioniert, sorgt insbesondere die Ascoli Piceno-Trier Gesellschaft, die jährlich Reisen nach Ascoli organisiert und sich in Trier um die Ascolaner kümmert. So sind zum Weihnachtsmarkt oder zum Altstadtfest öfter Künstler oder Bands aus Italien zu Besuch.

Auch zum 60. Geburtstag kommen rund ums Altstadtfest etwa 20 Gäste mit einer Band aus Ascoli. Und im August organisiert die Trierer Gesellschaft eine Reise nach Italien, um an einem der Höhepunkte des Ascolaner Kalenders teilzunehmen: der Quintana, einem farbenfrohen Ritterturnier. Der Bürgermeister ist zwar nicht dabei, dafür aber Bischof Ackermann.

Zudem gibt es seit mehr als 30 Jahren einen Schüleraustausch, den die ehemalige Lehrerin und heutige Präsidentin des Partnerschaftsvereins, Bettina von Engel, 1986 ins Leben rief. „Damals konnte ich noch gar kein Italienisch. Und Italiener sind unfähig, langsam zu sprechen“, sagt sie und lacht.

450 Trierer Schüler, schätzt sie, sind in dieser Zeit von der Mosel an den Tronto gereist. Und wenn die Italiener hier waren, habe bei ihr ständig das Telefon geklingelt, weil besorgte Väter, Onkel und Opas wissen wollten, wie es um ihre kleinen Schützlinge steht. Italienische Kinder seien es nicht gewohnt, sich alleine zu bewegen. Einer von vielen kulturellen Unterschieden, die man erst im direkten Austausch kennenlernt.

Dass die Trierer sich den Menschen in den italienischen Marken nahe fühlen, zeigten auch die verheerenden Erdbeben des Jahres 2016. Ascoli selbst kam zwar glimpflich davon, doch Dörfer in der gleichnamigen Provinz traf es hart. Gleich mehrere Spendenaktionen haben Trierer damals organisiert.

Viele langanhaltende Freundschaften sind im Laufe der Zeit entstanden. „Uns geht da immer das Herz auf – die Sonne, die Lebendigkeit, die Schönheit der Architektur“, schwärmt Bettina von Engel. Und natürlich die Piazza del Popolo, deren Anblick in den vergangenen Jahrzehnten schon so viele Trierer genossen haben.

Am Dienstag, 29. Mai, hält Bettina von Engel in der Trierer Volkshochschule ab 19.30 Uhr einen Vortrag über 60 Jahre Städtepartnerschaft mit Ascoli Piceno.

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