Prozess „Papa kann nett sein – aber dann kriegt er seine fünf Minuten“

Trier · Eine Tochter, die sagt, was sie gesehen hat: Sechster Tag im Prozess gegen einen Mann, dem versuchter Totschlag vorgeworfen wird.

Prozess: „Papa kann nett sein – aber dann kriegt er seine fünf Minuten“
Foto: dpa/Oliver Berg

Mit einer Metallstange soll der bullig wirkende Angeklagte im Juni 2018 seine 39-jährige Lebensgefährtin in Trier-Feyen ins Koma geschlagen haben. Seit fünf Verhandlungstagen vor der Trierer Schwurgerichtskammer streitet der Angeklagte die Tat ab, obwohl die bisherige Beweisaufnahme in vielen Punkten gegen ihn spricht. Unerwartete Schützenhilfe erhielt der 34-Jährige von seiner Lebensgefährtin. Die tritt zwar als Nebenklägerin auf, widerrief aber alle belastenden Aussagen, die sie direkt nach dem Geschehen zu Protokoll gegeben hatte. Genau denselben Kurs schlug ihre Halbschwester ein (der TV berichtete).

In der jüngsten Sitzung sollten einige Feyener Nachbarn, ein Freund des Angeklagten, zwei  kleine Söhne sowie die Tochter das Wort haben. Der erste Zeuge aus der Nachbarschaft berichtet, wie der Angeklagte gegen 15 Uhr am 2. Juni mit einer Metallstange in der Hand an seinem Haus vorbei zur Wohnung der Frau zog, gefolgt von einem älteren Mann, dem Vater des Angeklagten. Kurze Zeit danach  sei der kleine Sohn des Angeklagten heulend aus dem Haus der Mutter gelaufen und habe „Hilfe, Hilfe, meine Mami!“ gerufen.

Der Mann kann das 70 Zentimeter lange Metallteil noch genau beschreiben – hatte es so auch bei einer polizeilichen Vernehmung auf einem Foto identifiziert.  Der Angeklagte sei schon in der Vergangenheit im Viertel unangenehm aufgefallen. Er habe spielende Kinder auf der Straße bedroht, deren Eltern aufgebracht und seine eigenen Kinder einmal einer entwürdigenden Tortur unterzogen, bei der sich die Kleinen mit erhobenen Armen niederknien mussten. Der Zeuge hat die Szene auf seinem Handy aufgenommen und präsentiert sie der Kammer.

Bestätigt werden die Aussagen von einer Frau aus der Nachbarschaft.  Auch sie hatte den Angeklagten mit der Metallstange vorbeikommen gesehen. Die Zeugin: „Als er mit sturem Blick nach vorn mit der Stange in der Hand vorbeizog, ahnte  ich, dass gleich etwas passiert.“ Ein Freund des Angeklagten  zeichnet ein zwiespältiges Bild. „Ich kenne das Paar seit  14 Jahren.  Die verstanden  sich meist  sehr gut. Aber es gab auch Eifersuchtsszenen.“ Dann sei er schnell „außer sich“ gewesen. Von Handgreiflichkeiten in diesen Momenten will der Zeuge nichts gesehen haben.

Ein besonderes Kapitel an diesem Sitzungstag wird die geplante Zeugenanhörung der neun und elf Jahre alten Söhne und der 13-jährigen Tochter. Vor der Ermittlungsrichterin hatten die beiden Jungen als direkte Tatzeugen den Vater belastet. Doch ihre Anhörung scheitert an der Intervention ihrer amtlichen Vertreterin  vom Jugendamt:.  „Ich werde den Kindern empfehlen, von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.“ Die Kammer beschließt, auf die Anhörung zu verzichten und sich stattdessen auf die spätere Aussage der Ermittlungsrichterin zu stützen. Anders bei der 13-jährigen Tochter. Die Vorsitzende Richterin Petra Schmitz: „Die Kammer sieht sich verpflichtet, sich ein eigenes Bild von ihrer Urteilsfähigkeit zu machen.“ Ergebnis nach Beratung: Die 13-Jährige soll gehört werden – und zwar unter Ausschluss ihres angeklagten Vaters. Das Mädchen wird von Schmitz einfühlsam über sein Zeugnisverweigerungsrecht belehrt. Sie will aussagen. Allerdings ist sie keine unmittelbare Tatzeugin, sondern kam erst dazu, „als Polizei und Krankenwagen vor dem Haus standen,  die Mama auf dem Bett lag und der Papa in Handschellen auf dem Boden“. Ansonsten kann sie nur wiedergeben, was ihr damals die Brüder berichteten. Und das wird nochmals Thema sein, wenn demnächst die Ermittlungsrichterin in den Zeugenstand tritt. Kein gutes Bild zeichnet die 13-Jährige vom Vater, berichtet von regelmäßigen Schlägen, die Kinder und Mutter vom Vater einstecken mussten – „so  zwei- bis dreimal die Woche“. Sie bestätigt das Strafritual mit dem Niederknien und meint: „Der Papa kann sehr nett sein – aber dann kriegt er seine ,fünf Minuten‘. Ich will nicht, dass er zur Familie zurückkehrt.“

Die Verhandlung wird am 29. Januar um 9 Uhr fortgesetzt.

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