Karneval Schwere Zeiten für den Schunkelkarneval

Trier · Party statt Polonäse, E-Gitarren statt Elferrat: Jecken beklagen, dass sich die Fastnacht verändert hat.

Steckt der Karneval in der Krise?
Foto: Felix Kästle

So mancher freut sich schon auf die neuen Winterferien: Vom 25. Februar bis 1. März ist erstmals schulfrei. Genau das bereitet Karnevalisten Sorgen. Geht es doch um die Woche vor Rosenmontag. Hans Mayer, Präsident der Rheinischen Karnevalskorporationen (RKK), schimpft auf „diesen Unsinn“. Die Kinder hätten doch gerade erst Ferien gehabt! Der Eifeler fürchtet, dass viele wegfahren – und dass es dann für Karnevalsvereine noch schwieriger wird, Helfer zu finden.

Ein Blick in die Region zeigt, dass viele Vereine ohnehin mit Nachwuchsproblemen kämpfen. „Büttenredner sind rar gesät. Die Jugend hat keine Lautsprecher mehr“, beklagt Reinhard Lorenz vom KC Callida Kell am See. Gesangsgruppen fehlten, und insgesamt sinke die Bereitschaft, aktiv auf der Bühne zu stehen oder im Hintergrund zu helfen. Aber auch das Publikum scheint heute andere Wünsche zu haben. „Die Leute haben augenscheinlich das Interesse am Sitzungskarneval verloren“, teilt der Karnevalsverein Reblaus Wiltingen mit. Viel Aufwand sei nötig, um den Saal vollzukriegen. Die Jugend will lieber Party feiern. Kölschrock und Stimmungsmusik boomen.  „Der Zeitgeist hat sich verändert“, resümiert der Verein und passt sich an. Statt klassischer Sitzungen mit Elferrat, Präsident und Orden gibt es nun zwei lockere Veranstaltungen mit Rednern, Tänzen und Musik.

Auch im übermäßigen Alkoholkonsum sehen viele ein Problem. Mayer fordert, Alkohol nicht vom Wagen an Jugendliche auszuschenken. Und er bedauert, dass die klassische Mischung aus Gardetanz, Büttenreden und Musik immer seltener wird. „Wir können nicht hingehen und Veranstaltungen verrocken oder Mallorca-Partys draus machen“, wettert er. Brauchtum und Tradition müssten bewahrt bleiben. „Wir wollen wieder schunkeln!“

Aber sind Schunkelei und Büttenreden noch zeitgemäß? Unbedingt, finden die Karnevalisten. Erst die Büttenrede mache den Karneval zum Karneval, betont Jörg Hartig vom K.V. Ruck-Zuck Hermeskeil. Daher will der Verein diese trotz des sinkenden Interesses auch nicht fallenlassen. Die Lösung? Das Publikum hat die Wahl: zwischen einer traditionellen Prunksitzung und einer Gaudi-Night.

Mayer findet es wichtig, der Politik weiter den Spiegel vorzuhalten. Sein Verband bietet daher Seminare an, um Büttenrednern die Angst vor der Bühne zu nehmen. Der Landesverband Rhein-Mosel-Lahn im Bund Deutscher Karneval wiederum plant einen Wettbewerb namens „Jugend in der Bütt“. „Es liegt an uns, die Jugend da ranzuführen“, sagt Präsident Peter Pries, der die Lage des Karnevals weniger pessimistisch sieht. Die Trierer Vereine hätten – anders als jene im Kölner Raum – alle ihr eigenes Programm. Ein Besuch sei immer lohnenswert. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Ganze den Bach runtergeht“, sagt er. Tatsächlich finden sich auch viele Beispiele für Orte, in denen der Karneval nach schwierigen Zeiten wieder aufgeblüht ist: In Thalfang hat die Gemeinde den Umzug gerettet, indem sie ihn nach der Auflösung des Karnevalsvereins selbst organisiert, auch in Rittersdorf, wo Sitzungen und Umzug 2018 ausfielen, wird 2019 wieder kräftig gefeiert.

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