Archiv August 2018 Alarm im Eifelwald: Die bösen Folgen eines Supersommers

Prüm · Nach Hitze und Trockenheit sitzen überall in den Fichtenwäldern die Borkenkäfer. Peter Wind, Chef des Forstamts Prüm, rät zu schnellen Kontrollgängen. Denn es droht großer Verlust.

 Bernhard Thies (links), Peter Wind und Klaus-Peter Wagner vom Forstamt Prüm sichten die Käferspuren in einem Bestand am Schwarzen Mann.

Bernhard Thies (links), Peter Wind und Klaus-Peter Wagner vom Forstamt Prüm sichten die Käferspuren in einem Bestand am Schwarzen Mann.

Foto: Fritz-Peter Linden

Was viele freut, macht manchen Sorge: Das gilt nicht zuletzt für den auslaufenden Sommer, der so viel Hitze brachte. Und Trockenheit. Zu denen, die sich Gedanken machen, zählt Peter Wind, der Chef des Forstamts Prüm. Denn infolge des Supersommers, sagt er, sitzen überall in den Fichtenwäldern „die Borkenkäfer in den Startlöchern“.

Die Tiere legen ihre Eier in der Rinde ab, „und die daraus schlüpfenden Larven zerstören das Kambium, die Wachstumsschicht des Baumes zwischen Holz und Rinde. Der Saftfluss im Baum wird unterbrochen. Das führt zu einer erheblichen Schwächung. Starker Käferbefall bedeutet das Ende des Baums.“

 Sichtbare Spuren: Der Borkenkäfer im Schneifelwald am Schwarzen Mann.

Sichtbare Spuren: Der Borkenkäfer im Schneifelwald am Schwarzen Mann.

Foto: Fritz-Peter Linden

Gerade im Bezirk der Pürmer Forstleute, rund 20 000 Hektar, ist die Lage heftig: Denn dort stehen auf etwa 60 Prozent der Flächen Fichten, auch infolge der Nachkriegsaufforstung.

 Bernhard Thies (links) und Peter Wind vom Forstamt Prüm sichten die Käferspuren in einem Bestand am Schwarzen Mann.

Bernhard Thies (links) und Peter Wind vom Forstamt Prüm sichten die Käferspuren in einem Bestand am Schwarzen Mann.

Foto: Fritz-Peter Linden

Beim Forstamt Bitburg, sagt Büroleiter Johann Reuter (Behördenchef Karl-Heinz Heyne ist in Urlaub), sei die Lage ebenfalls stellenweise schwierig, wie überall in der Eifel. „Aber wir haben hier weniger Fichte als die Prümer.“ Und in den größeren Laubholzgebieten „spielt der Borkenkäfer keine Rolle“.

 Dieses eine Mal hatte der Borkenkäfer Pech: Hier hat ihn der Specht aus der Rinde geholt.

Dieses eine Mal hatte der Borkenkäfer Pech: Hier hat ihn der Specht aus der Rinde geholt.

Foto: Fritz-Peter Linden

Was können die Waldbesitzer tun? Die Lage prüfen, und zwar schnell: „Die Leute sollen sehr zeitnah und am besten im Wochenrhythmus ihre Fichtenwälder kontrollieren und gucken, ob da der Borkenkäfer drin ist“, sagt Peter Wind. „Und wenn ja, dann sollten sie mit ihrem Privatwaldbetreuer Kontakt aufnehmen.“

Und die Situation werde sich wohl noch verschlechtern: Bis Mitte September sei weiteres warmes und trockenes Wetter vorhergesagt, „es bildet sich ein Azorenhoch nach dem anderen“, sagt der Forstamtsleiter. Die Bäume aber „sind nicht mehr vital“, weil durch die lange Trockenheit bereits stark geschwächt.

Und damit seien sie praktisch schutzlos dem Käfer ausgeliefert. Dessen zerstörerisches Werk zunächst nur schwer zu ekennen ist: Denn er bohrt sich oben, unter der Krone, in den Baum und wandert dann immer weiter nach unten.

Eine fitte Fichte sei in der Lage, sich mit Harz zu wehren: Das schließe den Käfer ein und lasse ihn sterben, sagt Wind. Und in normalen Jahren könne ein Bestand auch Käferbefall recht gut verkraften.

Aber die kranken Fichten schaffen das nicht mehr: „Je geschwächter der Baum ist, desto weniger Abwehrkräfte hat der. Und im Moment sind die Bäume irre gestresst.“ Da nutze auch der Regen der vergangenen Tage nicht viel: „Der verdunstet schon in der Krone.“

Das Problem führt auch zu wirtschaftlichem Schaden für die Waldbesitzer, denn Käferholz sei weniger wert als gesundes, bei derzeit 90 Euro für einen normalen Kubikmeter Fichtenholz müsse man mit einem Abschlag von 15 Prozent rechnen, sofern der Baum erst frisch befallen sei. Sind die Käfer schon länger drin, kann das Holz noch weniger wert sein.

Zudem sei nach den beiden Frühjahrsstürmen Burglind und Friederike viel Holz umgefallen, das bereits habe vermarktet werden müssen. Obwohl es dem Wald nach dem nasskalten Winter gut gegangen sei. Dann aber habe es seit April praktisch nur noch Sommerwetter gegeben – „ideal für die Käfervermehrung“.

Im Schneifelwald am Schwarzen Mann kann man gut sehen, was der Käfer anrichtet – und wie schnell das geht: Die Forstwirte arbeiten dort gerade das Käferholz auf. Vor 14 Tagen hatten sie in diesem Teil des Staatswalds eine Rettungsübung, „da war hier noch nichts“, sagt Bernhard Thies. Und nachdem sie dann an einer Stelle die befallenen Bäume geschlagen hatten, machten sie einige Tage später einen Kontrollgang. Da waren wenige Meter weiter „wieder welche dabei“.

Deshalb sollen zunächst nur noch „Käferbäume“ gefällt werden: „Ich habe im Staatswald einen Einschlagstopp verfügt“, sagt Wind, weil man keine gesunden Bäume ernten wolle, bevor die kranken raus seien. Und dazu rate er auch den Kommunen und den privaten Besitzern, allein im Waldbauverein Prüm rund 3500 Eifeler.

Denn wenn jetzt auch noch gesundes Holz auf den Markt komme, führe das „zu einem dramatischen Preisverfall“. Die Situation sei sehr ernst zu nehmen: „Wir hatten so etwas ähnliches schon einmal im Jahr 2006. Ich befürchte aber, dass es in diesem Jahr noch massiver wird.“

Denn die Käfer, in normalen Jahren nur fähig, eine oder ausnahmsweise zwei neue Generation zu bilden, seien diesen Sommer erheblich aktiver gewesen: Wind fürchtet, dass sie es auf gleich drei neue Generationen von Nachkommen bringen werden. „Dieses Jahr haben sich die Käfer munter vermehren können. Und das lässt nichts Gutes vermuten für die nächsten Wochen.“

Für Wind ist die schwierige Lage auch ein weiterer Beleg für den weltweiten Klimawandel. Wer diesen immer noch leugne, „der ist meines Erachtens ein Fall für die Couch“.

Waldbesitzer, die sich Sorgen machen, können sich beim Forstamt melden. Telefon: 06551/96100.

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