US-Luftwaffe Wenn der „Eifelwecker“ zwölfmal klingelt: Übungen auf der Airbase Spangdahlem (Fotos)

Spangdahlem · In den vergangenen zwei Wochen donnerte es auf und um die Airbase Spangdahlem häufiger als normalerweise. Der gesamte Flugplatz hatte Bereitschaftsübungen. Doch was ist da eigentlich genau hinter dem Zaun passiert?

US-Luftwaffe übt auf der Airbase Spangdahlem
19 Bilder

US-Luftwaffe übt auf der Airbase Spangdahlem

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Es beginnt mit einem rauschenden „Sssccchhh“, dann kommt ein langgezogenes „Fiiieee“ hinzu, bis das Geräusch als lautes „Wrommm“ irgendwo zwischen den grauen Wolken verdröhnt. Ein F-16-Kampfjet hat die Startbahn auf dem amerikanischen Militär-Flugplatz bei Spangdahlem verlassen. Und da kommt auch schon der nächste: „Sch“, „Fie“, „Wrom“! Und noch einer. Und noch einer. Zwölf Flugzeuge heben innerhalb weniger Minuten ab, eines scheinbar lauter als das nächste.

Der Klang ist für viele Anwohner Alltag. Doch in den vergangenen beiden Wochen war der Alltag noch etwas alltäglicher als sonst. Besonders nach 22 Uhr sei der Lärm „eine Zumutung“ gewesen, sagt ein Anwohner aus Schweich. Er habe mehrmals versucht, sich über das Bürgertelefon der Luftwaffe zu beschweren, aber niemanden erreicht.

Früh morgens ab 7 Uhr kracht es. Nicht jeden stört das. „Eifelwecker“ nennt Fotograf Dalibor Ankovic den ersten Start des Tages scherzhaft. Er lebt in der Nähe der Airbase Ramstein, aber für eine gute Foto-Gelegenheit packt er sein Equipment ein und nimmt die 100 Kilometer Autofahrt nach Spangdahlem auf sich. Seit mehr als 30 Jahren macht er Fotos von der militärischen Luftfahrt. „Ich liebe dieses Geräusch“, sagt er. „Und sowieso war vor zehn Jahren wesentlich mehr los.“

Diese Meinung teilt nicht jeder: Eine junge Mutter aus Korlingen erzählt, dass ihre Tochter zwei mal verängstigt aufgewacht sei, weil mehrere Jets sehr tief über ihr Wohngebiet geflogen seien. Als sie sich bei der Airbase beschwerte, habe es gehießen, man könne ihr nicht weiterhelfen; man fliege, „wie es erlaubt sei“.

Erlaubt sind die Flüge in der Flugübungszone TRA Lauter, die über weiten Teilen der Region Trier, des Saarlands und der Westpfalz liegt. In den vergangenen zwei Wochen war dort mehr los als normalerweise. Denn die gesamte Airbase Spangdahlem führte Bereitschaftsübungen durch. Zuvor informierte die Air Force öffentlich: Vom 5. bis 16. März sei zwischen 7 und 23 Uhr mit mehr Starts und Landungen als normalerweise zu rechnen. Nun teilt die Pressestelle der Airbase mit: Während der Übungen sind zehn Prozent mehr Lärmbeschwerden als normalerweise eingegangen. Doch was wurde da in den vergangenen zwei Wochen überhaupt geübt? Die meisten Anwohner bekommen außer durch den Fluglärm nichts von dem mit, was hinter den Zäunen, Wachen und Passkontrollen geschieht. Wie sah der Alltag auf der Airbase aus?

 „Seek, Attack, Destroy“: So lautet das Motto des 52. Jagdgeschwaders, das in Spangdahlem stationiert ist. Im „Mass Briefing“ werden den Soldaten Flugrouten und Missionsziele erklärt.

„Seek, Attack, Destroy“: So lautet das Motto des 52. Jagdgeschwaders, das in Spangdahlem stationiert ist. Im „Mass Briefing“ werden den Soldaten Flugrouten und Missionsziele erklärt.

Foto: TV/Adrian Froschauer

Ein Rückblick: Eine Sirene geht los. Kein gleichbleibender Ton, sondern ein Auf und Ab. Das heißt: Ein Angriff droht. Eine Durchsage: „Attention, everyone: Exercise, exercise, exercise!“ Nun muss alles schnell gehen. Die gesamte Airbase wird in Bereitschaft versetzt.

„Mass Briefing“: In einer Art kleinem Kinosaal mit roten Sitzen erklärt ein Offizier an der Leinwand Mitgliedern der Spangdahlemer 480. Flugstaffel – der „Warhawks“ – Flugrouten und Missionsziele. „Mag­num“, sagt er, wie um zu fragen, ob alles verstanden wurde. „Magnum!“, rufen die Piloten und machen sich auf den Weg. Ursprünglich war „Magnum“ bei den „Warhawks“ das Signal, dass eine Rakete abgeschossen wurde, mittlerweile ist es eine Art Allzweck-Ruf unter Kameraden.

„Double“, „Animal“ oder „Toro“ nennen sie sich. Das steht auch vorne auf ihren Helmen, die sie nun mit aufs Rollfeld nehmen. Wie viel Zeit vergeht, bis sie in der Luft sind, dürfen sie nicht verraten. Aus taktischen Gründen. „Sch“, „Fie“, „Wrom“ – ein­einhalb Stunden später sind sie wieder gelandet.

 „Double“, „Animal“, „Toro“: Die Soldaten der amerikanischen Flugstaffeln auf der Airbase sprechen sich häufig mit Spitznamen an und haben diese auf ihren Helmen verewigt.

„Double“, „Animal“, „Toro“: Die Soldaten der amerikanischen Flugstaffeln auf der Airbase sprechen sich häufig mit Spitznamen an und haben diese auf ihren Helmen verewigt.

Foto: TV/Adrian Froschauer

Nicht nur die Flugstaffel, auch Sicherheitskräfte, Feuerwehr, Sanitäter, das ganze Personal muss innerhalb kürzester Zeit einsatzbereit sein. Während der simulierten Attacke muss jeder beweisen, dass er weiß, was er im Notfall wann wo zu tun hat.

Captain Jessica Watts leitet die Wartungseinheit. Die Übungen sind extrem wichtig, sagt sie, damit ihre Techniker auf Trab bleiben und stets wissen, wo es hakt. „Denn man kann nichts reparieren, von dem man nicht weiß, dass es kaputt ist.“

Die Airbase soll „always combat ready“ sein, um europäische Nato-Partner bei der Verteidigung zu unterstützen. Konkrete Details, wie so eine potentielle Bedrohung aussehen könnte, werden nicht genannt, es ist von „regional adversaries“ die Rede – also von Feinden in der Region.

Diese großen Bereitschaftsübungen für die gesamte Airbase finden zwei mal im Jahr statt. Captain Casey „Fist“ Watts von den „Warhawks“ erzählt: „Aber das ist das erste Mal, dass ich bei einer Übung von der Größenordnung dabei bin.“ Er hat bereits eineinhalb Jahre in Spangdahlem und etwa 450 Flugstunden hinter sich.Ein Grund für die Größenordnung sind Besucher auf der Airbase: Die 112. Flugstaffel – die „Stingers“ – aus Ohio, USA, beteiligt sich an den Übungen. Lieutenant Colonel Greg Barasch erzählt, die meisten Mitglieder seiner Staffel sind in Teilzeit dabei. „Sie haben daneben echte Jobs im echten Leben – zum Beispiel Airline-Piloten.“

 Protokoll, Protokoll, Protokoll: Vor jedem Start von der Airbase Spangdahlem müssen Technik und Bewaffnung der F-16-Kampfflugzeuge auf Herz und Nieren geprüft werden.

Protokoll, Protokoll, Protokoll: Vor jedem Start von der Airbase Spangdahlem müssen Technik und Bewaffnung der F-16-Kampfflugzeuge auf Herz und Nieren geprüft werden.

Foto: TV/Adrian Froschauer

Das Emblem der „Stingers“ zeigt eine behelmte Biene. Momentan benutzt die Staffel eine Version, die die Biene mit Fellmütze und estländischer Fahne in einer Schneelandschaft zeigt. Darunter steht „Stingers Euro Trip ’18“. Denn die „Stingers“ waren zuvor im Rahmen des sogenannten „Theater Security Package“ (TSP) in Estland, wo sie gemeinsam mit schwedischen, finnischen, belgischen und britischen Einheiten Übungen durchführten. Das TSP ist ein Programm, in dessen Rahmen Truppen zwischen US-Stützpunkten rotieren. Damit reagieren die USA auf Entwicklungen in Osteuropa, unter anderem in der Ukraine.

Nächste Woche fliegen die „Stingers“ zurück nach Ohio. Und die Airbase kehrt zu ihren regulären Übungen zurück. Die Flugzeiten werden wieder eingeschränkt, der „Eifelwecker“ klingelt etwas seltener.

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