Interview Ernst Hutter „Wir sind keine Stimmungskanonen“

Trier · Die Egerländer Musikanten kommen am 15. März in die Trierer Europahalle. Der Orchesterleiter hat vorab mit dem TV gesprochen.

 Ein Ständchen für die Skulptur des Zeitungslesers: Ernst Hutter beim Redaktionsbesuch in Trier.

Ein Ständchen für die Skulptur des Zeitungslesers: Ernst Hutter beim Redaktionsbesuch in Trier.

Foto: Daniel John

Blasmusik als „Dicke-Backen-Musik“ fürs Festzelt – gegen dieses Vorurteil musizieren die Egerländer Musikanten seit mehr als 60 Jahren an. Ernst Hutter, Nachfolger des Orchestergründers Ernst Mosch, spricht im Interview über die Gründe für den Erfolg, über Tradition und Zukunft und über den „Musikantenstolz“, so das Motto der aktuellen Tournee.

Vor zwei Jahren gab es bei uns in der Region einen Blasmusik-Marathon, 25 Stunden nonstop. Raten Sie mal, welches das meistgespielte Stück war.

Hutter Auf der Vogelwiese!

Ganz genau. Wie kommt es, dass dieses Stück und überhaupt die Musik von „Ernst Mosch und seinen original Egerländer Musikanten“ heute noch so beliebt ist?

Hutter Da gibt es zwei Dinge. Erstens: Die Musik ist gut. Zweitens: Sie wurde von Ernst Mosch und uns, seinem Orchester, immer gut gespielt. Dieses Stück „Auf der Vogelwiese“ ist eine absolut typische böhmische Polka mit einer wunderschönen rhythmischen und melodischen Verwendung des musikalischen Materials, und sie hat einen wunderbaren Text, der zu dem passt, was Blasmusik auch ausmacht: Geselligkeit, Gemütlichkeit.

Das haben Sie jetzt in schönen, positiven Worten beschrieben. Es gibt aber auch das Vorurteil: Blasmusik und Gemütlichkeit, das ist nur was fürs Bierzelt, die „richtigen“ Musiker spielen Jazz oder Klassik. Was antworten Sie darauf?

Hutter Dann antworte ich mit einem Zitat von Ernst Mosch. Er hat immer gesagt: „Wir sind keine Stimmungskanonen. Wir sind professionelle Musiker auf allerhöchstem Niveau.“ Wie alle meine Musiker, habe auch ich Klassik studiert, und seit über 30 Jahren bin ich bei der SWR Big Band als Jazz- und Studiomusiker engagiert. In diesen beiden Stilrichtungen spielen dieselben musikalischen Komponenten wie bei der Musik der „Egerländer“ eine Rolle. Viele klassische Werke beziehen sich auf Volksmusik, und auch Swing ist z.B. aus der Tanzmusik entstanden.

Was für Erinnerungen haben Sie an Ernst Mosch?

Hutter Ernst Mosch war sicherlich ein ziemlich strenger Orchesterleiter, deswegen ist er auch so erfolgreich geworden. Ich habe ihn als jemanden erlebt, der sehr selbstbewusst und mit sehr viel Engagement für seine Sache gekämpft hat. Er wusste, wir haben nur eine Chance, wenn wir die Besten sind. Ich glaube, das ist die DNA, die wir alle von ihm mitbekommen haben.

In Rundfunk und Fernsehen haben Sie es heute schwer. Wie erreichen Sie Ihr Publikum?

Hutter Über unsere musikalische Qualität bei Konzerten – die Livequalität ist heute noch wichtiger als zu der Zeit mit Ernst Mosch, weil wir eben diese Präsenz in den traditionellen Medien so gut wie nicht mehr haben. Allerdings ist nicht zu unterschätzen, welche Möglichkeiten uns die modernen Medien heutzutage bieten, in Youtube, über Facebook oder Instagram kann man alles unser Orchester betreffend sehr gut beobachten. Unser Publikum kennt und schätzt unsere große Orchestergeschichte – wir sind ja immer noch die Original Egerländer.

Wie original müssen die Egerländer denn sein? Sind Sie eine Art klingendes Museum oder dürfen Sie sich weiterentwickeln?

Hutter Ein Museum sind wir überhaupt nicht, auch kein klingendes, wir sind ein Orchester, das sehr stolz auf seine Tradition ist. Das wird natürlich von uns in Ehren gehalten. Aber wir wissen, dass wir nur eine Zukunft haben, wenn wir nicht nur Vergangenes hochhalten, sondern darauf aufbauen und unsere Talente dafür nützen, um auch Neues zu schaffen.

Was macht den typischen Klang der „Egerländer“ aus?

Hutter Der typische Klang, der auch heute noch von uns angestrebt wird, das sind die Flügelhörner und Tenorhörner, die unsere Melodien mit diesem speziellen weichen Sound spielen, das hat mit Phrasierung zu tun, mit Artikulation, mit Blastechnik – das ist unsere Corporate Identity. Dazu kommen Harmonien, die Emotionen hervorrufen, und ein Rhythmus, der in Bewegung versetzt.

Erreichen Sie auch ein jüngeres Publikum?

Hutter Ich glaube, es ist ein Segen des Internets, dass junge Menschen Ernst Mosch noch erleben können. Es gibt dort unzählige Videos von Studioaufnahmen oder Konzerten zu sehen. Wir sind ja auch beim „Woodstock der Blasmusik“ einer der Headliner – und dort sind überwiegend junge Leute, im letzten Jahr ca. 15 000, die uns erleben.

Was wird beim Konzert in Trier zu hören sein?

Hutter 20 Jahre nach der Abschiedstournee von Ernst Mosch haben wir viele Stücke im Programm, die wir damals mit ihm auch gespielt haben. Es erfüllt uns mit Stolz, das weiterzuführen. In dem Konzert mit dem Thema „Musikantenstolz“ wollen wir das nicht nur musikalisch erzählen, sondern auch mit Moderationen, Geschichten und Bildern. Musikantenstolz heißt aber auch, dass wir das, was wir als „Egerländer Musikanten – Das Original“ heute leben, weitergeben an die vielen Musikanten überall – ob im Posaunenchor oder im Blasmusikverein, professionell oder als Amateure.

Und sie sehen es auch mit Stolz, wenn Musikvereine Ihre Musik spielen – wenn auch vielleicht nicht ganz auf demselben Niveau?

Hutter Ich weiß ja selbst, wie schwierig das ist auf diesem Niveau. Ich freue mich über jeden, der gerne ein Instrument spielt und jeden Jugendlichen, der ein Instrument erlernt.

Karten gibt es im TV-Service-Center Trier, unter der TV-Tickethotline 0651/7199–996 sowie unter www.volksfreund.de/tickets

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