Theaterstück „Das Wunder von Trier“: Fanatismus greifbar machen

Trier · Eine demokratische Gesellschaft ist gegen Hexenwahn gefeit. Denkt man. Michael Höppner hat in seinem Stück „Das Wunder von Trier“, das er als Chorwerk für die Sparte 0.1 des Theaters Trier geschrieben und inszeniert hat, plausibel Szenarien herausgearbeitet, unter welchen auch heute Menschen ihr dämonisches Ich zeigen.

Theaterstück „Das Wunder von Trier“: Fanatismus greifbar machen
Foto: Ensch Media

Seine aufgeklärte Gesellschaft ist die Trierer Spee-Gemeinschaft, verehren sie doch Friedrich Spee (1591-1635) für seinen Kampf gegen die Hexenverfolgung. Dabei ist ein Anflug von Fanatismus stets greifbar: in den einheitlich weißen Gewändern, ihren Lieder, meist von Spee, aber auch Zeitgenössisches von Mauricio Kagel, den Treffen, die sie gottesdienstähnlich zelebrieren, der Prozession, bei der sie Spee wie das Allerheiligste mitführen - als Mumie.

Ihr Ziel: seine Heiligsprechung. Das notwendige Wunder sehen sie in etwas Alltäglichem: Einer Frau (Darin Hesse) rutscht das Kopftuch herunter, als sie sich mit ihrer Familie (Mohamed Kushari als Vater, Sohn: Saleh Al-Mohamad) zu Spees Sarg beugt. Höppner inszeniert sie als Heilige Familie, bildhaft unterstrichen von den Kostümen (Günter Lemke). Den Spielort hat Höppner ins Priesterseminar verlegt, in Aula, Jesuitenkirche und Hof. Dort gräbt Alexander Kotz als Archäologe die Stadtgeschichte aus und erntet für Funde und Kommentare Lacher vom Publikum.

Höppners Hauptakteure sind die von Angela Händel präzise geleiteten Sänger von Opern-, Extra- und Friedrich-Spee-Chor, die auch Sprechrollen übernehmen. Ihre Gesänge erfüllen die Räume mit herrlichem Klang, verbreiten festliche Atmosphäre, die zunehmend bedrohlicher wird - betont vom Lichteffekten. Das Massenphänomen zeigt erste Wirkung, steigert sich, als sich das Wunder nicht wiederholen lässt, schlägt in Wut und Hass um, als die Kirche es nicht anerkennt. Als Verursacher wird der Sohn der Familie erkannt.

Al-Mohamad ist ein williges Opfer, verdeutlicht in den weißen Flügeln, die seine Arme ersetzen. Stumm steht er da, verfolgt die Anklage des Großinquisitors, Passagen aus Fjodor Dostojewskis Roman "Die Brüder Karamasow", nur mit den Augen. Mal sanft, mal herrisch polternd, dann wieder lockend: Barbara Ullmann - herrlich anzusehen in ihrer Clownsmaske - zieht alle Register der Anklage, spielt mit Stimme und Mimik; gemeinsam mit den Chorgesängen der Höhepunkt des Abends.

Weitere Termine: 20., 21., 25. März, 2., 8. April, 19.30 Uhr, Jesuitenkirche. Karten gibt es an der Theaterkasse.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort