Trier Metropolis und seine Musik

Trier · Die Frage, warum der Soundtrack zu einem Stummfilm so eminent wichtig ist, beantwortet das Filmkonzert des Mosel Musikfestivals im Trierer Buszentrum.

 Filmkonzert Metropolis

Filmkonzert Metropolis

Foto: Dirk Tenbrock

Eigentlich sind die über 170 Zuschauer gekommen, um den 2010 frisch restaurierten Stummfilmklassiker Metropolis von Fritz Lang anzuschauen; sie verlassen das Buszentrum der SWT jedoch als beseelte Konzertbesucher. Was war am Samstagabend geschehen? Das Mosel Musikfestival hatte zum Filmkonzert geladen, diesmal im spektakulären Industriekultur-Ambiente des riesigen Busdepots. Wie bei Stummfilmen üblich, gibt es eine Musikbegleitung, live gespielt, bei Metropolis’ Premiere im Berlin von 1927 vom großen Orchester. Dem Filmmusik-Komponisten und Dozenten Wilfried Kaets jedoch gelingt es, mit nur drei Musikern und ein wenig elektronischer Unterstützung ein Klangerlebnis zu schaffen, das das Publikum in seinen Bann zieht. Auf einer großen Leinwand läuft der bahnbrechende, expressionistische Science-Fiction-Klassiker, darunter sitzen Kaets und seine Mannen mit ihrem Equipment vom Flügel über die Schlagwerke bis zum Laptop-Computer. Die eigens komponierte Musik ist perfekt auf den kühnen Monumentalfilm abgestimmt, dabei nicht bombastisch oder dominierend.

Die Geschichte der futuristischen Riesenstadt mit einer ausgeprägten Zwei-Klassengesellschaft kommt vielschichtig daher: Einerseits der erste technisch hoch-aufwendige Science-Fiction-Film mit Special-Effects wie der Videotelefonie, dazu ein Horrorfilm mit Frankenstein-Anleihen (die Erschaffung der Mensch-Maschine) sowie ein sozialkritisches Werk mit marxistischen Einflüssen (die Ausbeutung und Entfremdung der Arbeiterklasse). Aber eben auch die durchaus bürgerliche Romanze zwischen Freder und Maria. Dazu gibt es opulente Massenszenen mit Zehntausenden Statisten; es entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie, dass Regisseur Fritz Lang selbst von seinen Darstellern als Menschenschinder und Tyrann gescholten wurde. Der Tyrann des Films und Herrscher über Metropolis, Joh Fredersen, ist am konservativ-pathetischen Ende jedenfalls geläutert.

Das Ganze ist ein optisches Fest mit seinem Licht-Schattenspiel, dem typisch übertriebenen Habitus der Stummfilmdarsteller mit – aus heutiger Sicht – dick aufgetragener Gestik und Mimik, seinen monumentalen Bauten und den durchchoreographierten Szenen.

Durchchoreographiert ist auch die Musik, die zu 95 Prozent handgemacht ist und zu 5% auf elektronische Effekte setzt, wie Kaets sagt. „Man muss ja immer zwei Sekunden im Voraus wissen, was nun kommt, um den Einsatz exakt zu setzen“, erläutert der Komponist und Pianist. Da bleibt kein Raum für Improvisation, das ist – nach der kreativen Vorarbeit – vor allem viel Übungs-Arbeit.

Die Musik transportiert die Emotionen des Tempos und schmiegt sich – bei allem Pathos und Bombast – angenehm an das cineastische Meisterwerk. Großer, enthusiastischer Beifall der Zuschauer.

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