Kultur „Ich will zeigen: Das sind wir!“

Trier · 2. Trierer Sinfoniekonzert: Mozart und Richard Strauss mit dem Theaterchor und den Philharmonikern.

Die Angelegenheit könnte sich in einem Krimi abspielen. Ein anonymer Auftraggeber bestellt über einen Mittelsmann bei einem angesehenen Wiener Komponisten eine Totenmesse. Der Komponist sagt zu, obwohl er gerade an zwei Opern arbeitet. Während der Arbeit am Requiem stirbt er unerwartet. Um sich das Honorar zu sichern, fertigt seine Witwe mit einem Schüler des Komponisten eine umfangreiche Fälschung an und liefert diese beim Auftraggeber ab. Es ist eine komplette Totenmesse, allerdings nur zum kleineren Teil geschrieben vom renommierten Komponisten.

Wer da noch die Namen Franz Graf von Walsegg-Stuppach, Wolfgang Amadeus Mozart, Konstanze Mozart und Franz Xaver Süßmayr einsetzt, ist auf der richtigen Spur. Der Blick in den Abdruck von Mozarts Originalhandschrift zeigt nämlich: in dieser Requiem-Partitur klaffen überall große Lücken. Gerade mal die Abschnitte eins, „Introitus“, und zwei, „Kyrie“, hat Mozart abgeschlossen, bei den meisten Sätzen danach konnte sich Süßmayr für seine Komplettierung nur auf Unfertiges von Mozart stützen. Oft sind es nur Skizzen, und vom fünften Abschnitt, „Sanctus“, bis zur abschließenden „Communio“ (Abschnitt acht) stammt keine einzige Note mehr aus Mozarts Hand. Süßmayr hat dann mit seinen beschränkten Möglichkeiten im Stil Mozarts weiterkomponiert. Er hat außerdem für die „Communio“ die Musik von „Introitus“ und „Kyrie“ übernommen und neu textiert – simpel, aber nicht ungeschickt. So allerdings hätte es Mozart ganz sicher nicht gemacht.

Süßmayrs Version hat einige Kritik aushalten müssen. Trotzdem hat sich Triers Generalmusikdirektor (GMD) Jochem Hochstenbach bei der Planung des 2. Trierer Sinfoniekonzerts (Donnerstag 18. Oktober, 20 Uhr) für die Süßmayr-Fassung entschieden. Und begründet das nachvollziehbar: „Alle Neufassungen des Requiems haben etwas Steriles. Sie wirken nicht ganz echt. Das ist bei Süßmayr anders. Der vollendete das Requiem in der emotionalen und historischen Nähe zu Mozart – so, wie kein Bearbeiter sonst.“

Die Auswahl von Werk und Version ist sicher nicht spektakulär – die Aufführung indes könnte spannend werden. Nicht ein Trierer Oratorienchor ist für die Chorpartien zuständig, sondern der kleine, nur rund 20-köpfige Theaterchor. Auch das Orchester ist mit etwa 50 Musikern klein besetzt. Hat Hochstenbach ein Problem mit den Chören der Stadt? Nein, da habe er keinerlei Berührungsängste. „Aber für meinen Einstieg als Generalmusikdirektor von Stadt und Theater möchte ich allen im Trierer Musikleben zeigen: Das sind wir!“

Die „Metamorphosen“ von Richard Strauss für 23 Solostreicher sind im 2. Sinfoniekonzert mehr als eine bescheidene Einleitung. Das Werk steht mit dem „Requiem“ auf Augenhöhe. Zudem sind die Werke inhaltlich verbunden. Beide markieren Grenzsituationen: den überraschenden Tod Mozarts und die Verzweiflung des greisen Richard Strauss angesichts der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs.

Am 8. März 1945 schreibt Strauss seinem Freund Willi Schuh, er habe die „Metamorphosen“ gerade abgeschlossen und fügt resigniert hinzu: „Nun, vielleicht werden meine Kinder eine bessere Zukunft erleben. Mein Leben ist zu Ende: 30 schöne Opernhäuser neu aufgebaut – werde ich nicht mehr sehn.“ Hochstenbach erinnert an historische Zusammenhänge: das Ende des Ersten Weltkriegs, 1918, vor 100 Jahren, die „Pogromnacht“ vor 80 Jahren. Die sei ein Abschied gewesen von der großen deutschen Kultur. Und dann fragt er sehr nachdenklich: „Wollen wir das heute wiederholen?“

2. Sinfoniekonzert, Donnerstag, 18. Oktober, 20 Uhr, Theater Trier. Werke von Wolfgang Amadeus Mozart und Richard Strauss. Réka Kristóf, Sopran, Janja Vuletic, Mezzosopran, Blaise Rantoanina, Tenor, Karsten Schröter, Bass. Opernchor des Trierer Theaters, Philharmonisches Orchester Trier. Dirigent: GMD Jochem Hochstenbach. Karten: 0651/7181818. www.theater-trier.de

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