Justiz Urteil im Traktorstreit: Ortsbürgermeister durfte nicht über Reparatur entscheiden

Trier/Lampaden · Das Verwaltungsgericht hat eine Klage der Gemeinde Lampaden gegen den Kreis abgewiesen. Der Ortschef habe „mangels Eilbedürftigkeit“ die Fahrzeug-Reparatur nicht beauftragen dürfen. Die Rüge durch die Behörde sei korrekt – größtenteils.

 In einem Rechtsstreit zwischen der Ortsgemeinde Lampaden und dem Landkreis Trier-Saarburg hat das Trierer Verwaltungsgericht sein Urteil gesprochen. Es ging um die Reparatur eines Traktors und eine Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters.

In einem Rechtsstreit zwischen der Ortsgemeinde Lampaden und dem Landkreis Trier-Saarburg hat das Trierer Verwaltungsgericht sein Urteil gesprochen. Es ging um die Reparatur eines Traktors und eine Eilentscheidung des Ortsbürgermeisters.

Foto: dpa/David-Wolfgang Ebener

Die siebte Kammer am Verwaltungsgericht Trier hat ihr Urteil gesprochen: Die Eilentscheidung, die der Lampadener Ortsbürgermeister Martin Marx Anfang April 2017 zur Reparatur des Gemeindetraktors traf, war rechtswidrig. Dass die Kreis-Aufsichtsbehörde dies beanstandet hat, war laut den Richtern rechtmäßig. Das Gericht wies die Klage der Gemeinde  gegen den Behörden-Bescheid allerdings nicht vollständig zurück.

Der Streitfall An dem Traktor (Baujahr 1991) war im Februar 2017 ein Defekt aufgetreten. Ende März lag laut Ortschef Marx ein Kostenvoranschlag für die Reparatur in Höhe von 8700 Euro brutto vor. Der Traktor inklusive Mulchgerät hatte 2015 mit Zusatzausstattung 11.300 Euro gekostet. Der Ortsbürgermeister beschloss die Reparatur am 2. April per Eilentscheidung ohne vorherigen Gemeinderatsbeschluss. Den Auftrag erteilte er acht Tage später. Zuvor hatten die Verbandsgemeinde-Verwaltung in Kell am See und die Kommunalaufsicht beim Kreis darauf hingewiesen, dass ihrer Ansicht nach für Marx’ Eilentscheidung die rechtlichen Voraussetzungen fehlten. Der Traktor wurde für 11 356,53 Euro repariert.

Am 11. Mai 2017 rügte die Aufsichtsbehörde schriftlich die Eil-
entscheidung und den Reparaturauftrag. Einen Widerspruch der Gemeinde Lampaden wies die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) Anfang 2018 zurück. Der Gemeinderat Lampaden beschloss daraufhin die Klage beim Verwaltungsgericht. Zuvor hatte er im September 2017 nachträglich die Traktor-Entscheidung des Ortschefs gebilligt.

Das Urteil Die Trierer Richter urteilen, dass der Lampadener Ortsbürgermeister „mangels Eilbedürftigkeit“ nicht befugt gewesen sei, über die Reparatur zu entscheiden. Angesichts der hohen Kosten und des Alters des Traktors hätte der Gemeinderat entscheiden müssen, ob eine Reparatur wirtschaftlich sei, heißt es in der Urteilsbegründung. Die „strengen Voraussetzungen für eine Eilentscheidung“ hätten nicht vorgelegen: Insbesondere habe der Gemeinde „kein schwerer, nicht wiedergutzumachender Schaden“ gedroht. Auch sei die Einberufung des Rats möglich gewesen.

Die spätere Bestätigung durch den Rat im September 2017 könne die Rechtswidrigkeit der Eilentscheidung nicht aufheben. Deren Beanstandung sei erforderlich gewesen, so die Richter. Sie sei auch nicht dadurch ausgeschlossen – wie von Lampadener Seite angeführt –, dass die Folgen der Eilentscheidung, sprich der Auftrag, nicht mehr rückgängig zu machen waren. Die Beanstandung behalte ihren Sinn, da sie die Gemeinde  „vor der Wiederholung gleichartiger Rechtsverstöße bewahren“ sollte.

Anderes gelte jedoch in Bezug auf den Reparaturauftrag. Dieser sei zwar zunächst auch rechtswidrig gewesen, weil der Ortschef seine Kompetenzen überschritten habe. Der „Kompetenzverstoß“ sei jedoch durch die nachträgliche Zustimmung des Rats entfallen. Dass die ADD im Widerspruchsbescheid von Anfang 2018 auch den Auftrag beanstandet habe, sei demnach „nicht mehr erforderlich und unverhältnismäßig“ gewesen und dieser Bescheid „insoweit aufzuheben“. Gegen das Urteil können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung einer Berufung beim Oberverwaltungsgericht in Koblenz beantragen.

Reaktion der Behörden Die ADD, die am Prozess nicht beteiligt war, teilt auf Anfrage mit, sie sehe in dem Urteil eine Bestätigung ihrer Aussagen im Widerspruchsbescheid. Festzuhalten sei, dass die Eilentscheidung „angesichts der offenkundigen Missachtung der dafür erforderlichen Voraussetzungen rechtswidrig war“. Das Gericht unterscheide „trotz einheitlicher Beanstandung durch die Kreisverwaltung“ zwischen der Rechtmäßigkeit der Beanstandung der Eilentscheidung und der Beanstandung des Reparaturauftrags. Weitere Rechtsmittel zu prüfen obliege dem Kreis als Beklagtem.

Bei der Kreisverwaltung sieht man dafür keinen Grund, teilt Pressesprecherin Martina Bosch mit. Das Gericht habe die Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht „vollinhaltlich bekräftigt“. Die Richter hätten „unmissverständlich“ festgestellt, dass sich der Lampadener Ortsbürgermeister rechtswidrig verhalten und seine „Kompetenzen deutlich überschritten“ habe. Es spreche für sich, dass sich Marx „dieses unwirtschaftliche Verhalten“ Monate später und nach dem Rücktritt langjähriger Ratsmitglieder von seinem Gemeinderat noch habe bestätigen lassen.

Martin Alten, Bürgermeister der Verbandsgemeinde Kell, verweist darauf, dass Marx „entgegen der ihm mitgeteilten Rechtsauffassung der Kommunalaufsicht und der VG“ bei seiner Eilentscheidung geblieben sei. Rechtsstreit und Gerichtsverfahren wären „mit der beantragten Einberufung des Gemeinderats vermeidbar gewesen“. Dass der Rat die Reparatur „erst nach der Mandatsniederlegung von sieben Ratsmitgliedern“ bestätigt habe, brauche „nicht weiter kommentiert zu werden“. Laut dem VG-Chef sind seit Anschaffung des Traktors insgesamt 23.100 Euro an Wartungs- und Reparaturkosten angefallen. Anwalts- und Gerichtkosten für die Gemeinde Lampaden in der aktuellen Wahlperiode lägen bei insgesamt 14.400 Euro.

Reaktion aus Lampaden Martin Marx teilt auf Anfrage mit, dass der Gemeinderat noch Zeit zur „Meinungs- und Willensbildung“ benötige. Als vorläufiges Fazit teilt Marx jedoch mit, dass es „sehr wahrscheinlich“ nicht mehr zu der Klage hätte kommen müssen, wenn die ADD dem Widerspruch der Gemeinde gegen den Bescheid der Kreisverwaltung stattgegeben hätte. Denn, so zitiert Marx aus dem Urteil, der Kompetenzverstoß des Ortschefs sei durch den Gemeinderatsbeschluss vom September 2017 geheilt worden. „Vielleicht trägt ja nun die ADD die Kosten der Ortsgemeinde für das Verfahren. Dies wäre aus unserer Sicht angemessen.“

Mögliche Konsequenzen Die Kommunalaufsicht ist der Auffassung, Marx habe sich seit seinem Amtsantritt 2014 „mehrfach rechtswidrig verhalten“. Die Reparaturentscheidung für den Traktor ohne Beratung im Gemeinderat widerspreche „eklatant dem Gebot der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit“ in der Gemeindeordnung. Die ständigen anwaltlichen Beratungen und Klagen seien „absolut unüblich“. Die Behörde kündigt an, „dieses Gebaren dem Gemeinde- und Rechnungsprüfungsamt und dem Landesrechnungshof zur Anzeige zu bringen“. Darüber hinaus würden dienstordnungsrechtliche Maßnahmen (siehe Info) geprüft.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort