Arbeitszeit Mitarbeiter im Gastgewerbe sollen 72 Stunden pro Woche arbeiten

Trier · Die FDP im Landtag fordert ein neues Arbeitszeitgesetz. Die Gewerkschaft ist strikt dagegen.

Die FDP im rheinland-pfälzischen Landtag fordert ein neues Arbeitszeitgesetz.
Foto: dpa/Marc Tirl

Die FDP will, dass die Beschäftigten in der Gastronomie zumindest in der Hochsaison länger als die am Tag zulässigen zehn Stunden arbeiten dürfen. „Eine denkbare Möglichkeit wäre es, diese Branche als Saisonarbeitsbranche anzuerkennen. Dies würde es den Betrieben ermöglichen, die Mitarbeiter zu Zeiten, in denen ein hohes Gästeaufkommen herrscht, flexibler einsetzen zu können“, sagte der FDP-Landtagsabgeordnete Steven Wink aus Pirmasens gegenüber unserer Zeitung. Er ist Mitglied der Enquete-Kommission des Landtags, die sich mit der Förderung des Tourismus beschäftigt. „Es geht darum, flexibler zu werden und dann arbeiten zu können, wenn Bedarf ist.“

Als Vorbild nennt Wink Landwirtschaft und Weinbau, die bereits jetzt als Saisonarbeitsbranchen angesehen werden. Für solche Branchen gelten andere Arbeitszeiten. In der Saison dürfen dort Mitarbeiter an sechs Tagen die Woche bis zu zwölf Stunden arbeiten – also 72 in der Woche. Die Überstunden können dann, wenn weniger Arbeit ist, also etwa im Winter, abgefeiert werden. Voraussetzung: Die Saison darf nicht länger als sechs Monate dauern. Nach der jetzigen Arbeitszeitregelung müssen die Überstunden innerhalb von vier Monaten abgebaut oder ausgezahlt werden.

Beim rheinland-pfälzischen Hotel- und Gaststättenverband stößt die FDP damit auf offene Türen. Seit Jahren fordert der Vorsitzende Gereon Haumann eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. Die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes aus dem Jahr 1994 entsprächen längst nicht mehr „der Lebenswirklichkeit und Arbeitsrealität in den Dienstleistungsbranchen, insbesondere nicht im Gastgewerbe“, sagt Haumann. „Hier wird gearbeitet, um anderen Menschen einen lebenswerten Feierabend oder attraktiven Urlaub zu ermöglichen.“

Es gehe nicht um eine Verlängerung der Jahresarbeitszeiten, sondern um mehr Flexibilität, um den Anforderungen der Gäste gerecht werden zu können.

Die Tourismus-Gemeinden begrüßen die Initiative. Ulf Hangert, Verbandsbürgermeister von Bernkastel-Kues, hat sich kürzlich bei der Sitzung des Tourismus-Ausschusses des Städte- und Gemeindebundes für eine solche neue Arbeitszeitgesetzgebung ausgesprochen. Die Gewerkschaft ist erwartungsgemäß wenig begeistert. „Die Arbeit in der Gastronomie ist so schon ein Knochenjob. Zwölf Stunden am Tag zu ackern, das wäre brutal“, sagt Klaus Schu, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gastronomie (NGG) in Trier. Es gebe bereits jetzt ausreichend Möglichkeiten, die Mitarbeiter flexibel einzusetzen.

Es dürfte ohnehin schwierig werden für die FDP, ihren Vorschlag innerhalb der Koalition mit SPD und Grünen durchzusetzen. Die Grünen haben bereits erkennen lassen, aufseiten der Gewerkschaft zu stehen. Die SPD will sich in der kommenden Woche mit NGG-Vertretern treffen.

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