Von Albanien nach Bitburg und wieder zurück: Eine besondere Flüchtlingsgeschichte

Bitburg · Ein Flüchtling aus Albanien bastelt in Bitburg Modelle von Häusern und Gärten. Doch bald muss er die Eifel verlassen.

Von Albanien nach Bitburg und wieder zurück: Eine besondere Flüchtlingsgeschichte
Foto: (e_bit )

Kleine Häuschen, Gärten, winzige Mauern und Bäume: Das sind die Miniaturwelten von Petro Dalani. Der 66-Jährige ist ein stiller, ruhiger Mann mit einem freundlichen Gesicht. Er sieht nicht so aus, wie man sich einen typischen Flüchtling vorstellt. Der studierte Architekt stammt aus Albanien und wohnt derzeit in der Aufnahmestelle für Asylbegehrende in Bitburg.

Die Zeit vertreibt er sich, indem er kleine Modelle von Gebäuden und Gärten baut. Als Architekt kann er das, der Modellbau gehörte zu seiner täglichen Arbeit. Er nimmt Fotos von Gebäuden und Grundstücken und baut die abgebildeten Gebäude im Kleinformat nach. Schon mehr als zehn solcher Modelle hat er gebaut und verschenkt - beispielsweise an den Kindergarten der Aufnahmestelle, an die Krankenstation oder an Freunde.

Petro Dalani ist spürbar stolz auf seine kleinen Kunstwerke. In seinen Händen werden aus Kieselsteinen Gartenmäuerchen, aus Moos wird Rasen, aus begrünten Ästen werden Bäume, aus Holzstiften und Zahnstochern werden Häuser, Gartenhütten, Garagen und Straßenschilder. Eine Woche ist er im Durchschnitt mit so einem Modell beschäftigt.

In erster Linie sei es ein Zeitvertreib - aber eben auch ein Ausdruck von Kreativität, ein Verarbeiten der vielen Ideen, die dem Mann im Kopf herumspuken - und für die er kein anderes Ventil findet. Mehrere Arbeitsschritte gehören dazu: das exakte Planen des Modells mit Stift und Papier, das Modellieren des Untergrunds aus Styroporplatten, das Sammeln der Materialien, das Bauen der Landschaft und der Gebäude und das Bemalen.

Petro Dalani spricht nur einige wenige Brocken Deutsch. Im Gespräch helfen ein Übersetzer oder, wenn mal die Worte fehlen, die Verständigung mit Händen und Füßen. Aus Albanien ist er geflohen, weil es die dortige Mafia auf ihn abgesehen hatte. So berichtet er dem Reporter des TV. In der Nacht hätten die "Gangster" an der Tür geklingelt und ihn dann zusammengeschlagen, weil er kein Schutzgeld hätte zahlen können. Mit gebrochenem Kiefer sei er ins Krankenhaus gebracht worden - noch heute leidet er an den Folgen der Verletzung.

Als er fürs Foto posieren soll, zeigt er auf seinen Mund. "Kein schöner Mund", sagt er, und weigert sich, zu lächeln. Zwar habe er sich nach dem Überfall bei der Polizei gemeldet - geholfen hätte die ihm aber nicht. "In Albanien gibt es überall Korruption", sagt Dalani. "Politik, Polizei, Wirtschaft. Jeder arbeitet in die eigene Tasche. Es gibt kein Verantwortungsgefühl und kein Gemeinsamkeitsgefühl für das Land und für die Gesellschaft."

Überall werde geklaut, überall gebe es Gewalt und Verbrechen. "Zappzarapp." So nennt Dalani das. Viel Zappzarapp. Also die Flucht aus Albanien. Zuerst nach Griechenland, wo Dalanis drei erwachsene Kinder leben und arbeiten. Von dort sei er nach Albanien zurückgeschickt worden. Also zog Dalani weiter, mit dem Flugzeug von Thessaloniki nach Stuttgart. Dort angekommen, wandte er sich an die Polizei im Flughafen. Und bat um Asyl. Seit Juni 2016 ist er in Bitburg. In Deutschland gefällt es ihm gut. "Hier ist alles korrekt", sagt er. "Die Leute haben Respekt, sind verantwortungsvoll und fleißig." Die meisten Albaner gehören dem muslimischen Glauben an, aber Dalani ist orthodoxer Christ. Und tiefgläubig. Im Oktober hat er an einer Wallfahrt von Mötsch nach Klausen teilgenommen. Auf dem Handy zeigt er Fotos von der Marienkapelle in Mötsch. Dort betet er gerne. "Christus ist gut für meine Seele", sagt Petro Dalani. Vor zwei Monaten wurde sein Asylantrag abgelehnt - Albanien gilt, so wie beispielsweise auch Ghana, der Senegal oder der Kosovo, als sicheres Herkunftsland.

Deshalb wird jeder Albaner abgeschoben, der nicht nachweisen kann, politisch verfolgt zu werden. Das kann Dalani nicht. Ende März wurde er am Kiefer operiert, wieder einmal. Sobald er wieder fit ist, soll er zurück nach Albanien. Auf die Frage, ob er Angst hat vor der Rückkehr, antwortet Petro Dalani nicht. Er nickt nur.

Wann es so weit ist, steht noch nicht fest. Vielleicht noch im April? Petro Dalani verengt die Augen, wiegt den Kopf, blickt an die Decke. "Ja. Vielleicht April." Die Modelle werden hier bleiben. Als Geschenke.FÜR KINDER

 Petro Dalani aus Albanien bastelt Modelle von Häusern und Gärten. Tv-Fotos (2): David Falkner

Petro Dalani aus Albanien bastelt Modelle von Häusern und Gärten. Tv-Fotos (2): David Falkner

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Albanien

Albanien ist ein kleines Land in Südeuropa. Dort leben 2,8 Millionen Menschen, also viel weniger als in Deutschland (da leben 82 Millionen Menschen). Die meisten Menschen in Albanien sprechen Albanisch. Die Hauptstadt von Albanien heißt Tirana. Albanien liegt zwar in Europa, gehört aber nicht zur Europäischen Union. Albanien gilt als "sicheres Herkunftsland", das heißt, dass Menschen, die von dort fliehen, meistens wieder zurückgeschickt werden, weil man davon ausgeht, dass ihnen in Albanien nichts passiert.

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