Trier „Blaue Lagune“: Doch noch E-Mobil und Wasserspiel?

Trier · Die Verhandlungen um den weiteren Betrieb der Tankstelle in der Ostallee können beginnen. Doch die Stadt hat den Vorschlag des Ölkonzerns BP schon einmal vom Tisch gewischt.

 Der Mutterkonzern BP hatte bereits im Frühjahr angeboten, die Tankstelle komplett neu zu bauen.

Der Mutterkonzern BP hatte bereits im Frühjahr angeboten, die Tankstelle komplett neu zu bauen.

Foto: Friedemann Vetter

Große Freude und Erleichterung auf der einen Seite, Enttäuschung und auch erkennbare Frustration auf der anderen: Die Stadt Trier verarbeitet das Ergebnis ihres ersten Bürgerentscheids. 22,95 Prozent der 86 000 Wahlberechtigten stimmten an der Urne oder per Briefwahl ab, mehr als 72 Prozent waren für eine Zukunft der Tankstelle in der Ostallee, die viele die Blaue Lagune nennen (der TV berichtete).  Die Stadt muss den Pachtvertrag um zehn Jahre  plus Option auf weitere fünf Jahre verlängern.

Doch wie wird dieser Vertrag aussehen? Detlef Brandenburg ist  Sprecher des Ölkonzerns BP Deutschland, er betreut die Marken Aral und Castro. „Selbstverständlich freuen wir uns über das Ergebnis des Bürgerentscheids in Trier“, sagt er spontan im Gespräch mit dem TV. „Wir werden jetzt die Verhandlungen mit der Stadt Trier abwarten und unsere Optionen sorgfältig prüfen.“

Brandenburg bittet um Verständnis für diese sehr allgemeine Aussage. „Wir haben es doch gar nicht komplett in der Hand“, sagt er. „Wir haben unsere Pläne und Ziele bereits im Frühjahr klargemacht, konnten den Stadtrat damit aber offenbar nicht überzeugen.“

Diese Pläne wurden von einem Architekturbüro aus Bergisch-Gladbach erstellt und sehen vor,  die alte Tankstelle abzureißen und eine neue zu bauen. Die Bäume sollen nicht verschwinden, sondern integriert werden. Der Entwurf der Architekten umfasst eine Ladestation für Elektromobile, ein „Hochbeet mit Bepflanzung“, ein Wasserspiel und  geschützte Sitzgelegenheiten.  Auch den Radweg im direkten Umfeld wollte die BP übernehmen und anlegen, basierend auf einem Gesamtkonzept der Stadt.

Die Fraktion der UBT packte diesen Vorschlag der BP in einen Antrag, den der Stadtrat Mitte März mit großer Mehrheit ablehnte. Jetzt stellt sich die Frage: Gilt dieses Angebot mit E-Mobil und Wasserspiel denn noch? BP-Sprecher Brandenburg hält sich bedeckt. „Die Stadt hat mittlerweile mehrfach argumentiert, dass eine solche Erneuerung mit dem bestehenden Bebauungsplan nicht möglich sei.  Wir müssen zuerst miteinander reden.“

Lothar Schmitz, der Pächter der Tankstelle in der Ostallee, ist hier sehr optimistisch. „Die Deutsche BP wird mit Sicherheit das machen, was möglich ist, wenn die Stadt kompromissbereit ist“, sagt Schmitz, der seit einem Vierteljahrhundert als Tankstellenpächter mit dem Ölkonzern zusammenarbeitet. „Bei einer Pachtverlängerung um zehn Jahre plus Option auf weitere fünf rechnet sich auch ein Neubau.“  Die Stadt habe alle Möglichkeiten, die mittlerweile fast 60 Jahre alte Tankstelle „nicht einfach so da stehen zu lassen“.

Schmitz gibt zu, dass er am Abend der Abstimmung lange nicht an einen Erfolg des Bürgerentscheids geglaubt hat. „Ich dachte zwischendurch immer wieder, es reicht nicht für das Quorum von 15 Prozent. Doch nach der Hälfte der Bezirke kam Schwung rein, und am Ende war natürlich der Jubel groß.“

Der Pächter beschäftigt zehn Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze jetzt eine Zukunft haben. Er selbst will jedoch in zwei Jahren aufhören. „Das hat mit dem Bürgerentscheid und der Zukunft der Tankstelle nichts zu tun“, betont er. Aber wird die deutsche BP denn Interesse an einem Betrieb der „Blauen Lagune“ haben, wenn kein Pächter mehr da ist? Lothar Schmitz winkt ab. „Aral hat hier immer jemanden in petto.“

Der Ölversorger biete ein Programm namens „Future Hero“ an, in dem Interessenten ausgebildet werden, um einen Tankstellenbetrieb übernehmen und leiten zu können. Auch Detlef Brandenburg bestätigt: „Um die Leitung der Tankstelle machen wir uns keine Sorgen.“

Die SPD Trier, erklärte Gegnerin einer Vertragsverlängerung und zusammen mit den Grünen auch Partnerin im Bündnis „Ja für ein modernes Trier, Nein zu einer alten Tanke“, reagiert auf das Ergebnis der Abstimmung: „Wir haben eine andere Meinung, haben dafür gekämpft und nicht einmal ein Viertel aller Wahlberechtigten hat nun anders entschieden. Wir sollten hinterfragen, wie die weitere Bürgerbeteiligung bei der Stadtverwaltung aussieht“, sagt Rainer Lehnart. Der SPD-Vorsitzende Sven Teuber appelliert an Oberbürgermeister Wolfram Leibe (ebenfalls SPD), darauf zu drängen, dass „die Pacht maximalst dem offensichtlich seitens des Pächters und Konzerns riesigen Interesses an dem Standort nach oben angepasst wird“.

Der AfD-Vorsitzende Michael Frisch begrüßt das Ergebnis. Die Bürger sollten öfter die Chance bekommen, wichtige Fragen der Stadtpolitik zu entscheiden. „Ein Bürgerentscheid über das Theater wäre für uns gut vorstellbar.“

Baudezernent Andreas Ludwig (CDU) wird die Verhandlungen um die Verlängerung des Pachtvertrags nicht führen, sagt er am Montagabend im Gespräch mit dem TV. „Ich habe diese Aufgabe an meinen Kollegen Thomas Schmitt übergeben, er hat sie auch gerne übernommen.“ Schmitt, ebenfalls CDU, ist Triers Kultur-, Tourismus- und Ordnungsdezernent.

Diese Übergabe kommt völlig überraschend. Baudezernent Ludwig war stets die Stimme des Stadtvorstands, wenn es um die Tankstelle ging, ein erklärter Gegner der Pachtverlängerung und Kämpfer für den grünen Alleenring. „Ich bin tierisch enttäuscht über den Ausgang des Bürgerentscheids, aber ich spiele jetzt nicht die beleidigte Leberwurst“, sagt der Christdemokrat. „Aber wenn ich die Verhandlungen übernehmen würde, hieße es von allen Seiten, ich karte nach und wolle mich rächen, oder ich verhandle zu weich und nicht im Sinne der Stadt.“ Deshalb soll Schmitt übernehmen.

Doch worüber soll verhandelt werden? Die von SPD-Chef Teuber geforderte „maximalste“ Pachterhöhung ist nach Ludwigs Ansicht gar nicht möglich. „Der sich aus dem Bürgerentscheid ergebende Auftrag lautet, der Pachtvertrag ist zu verlängern“, erklärt er. „Dort steht nichts vom Aushandeln neuer Konditionen. Dann hätte man den Entscheid anders formulieren müssen.“

 Ein Hinweisbanner weist am Eingang einer Tankstelle in der Innenstadt von Trier weist am 08.12.2017 auf den ersten Bürgerentscheid in der Moselstadt hin. Die im Trierer Volksmund auch als "Blaue Lagune" bezeichnete Tankstelle mit Shop soll dicht gemacht werden. Im ersten Bürgerentscheid der Stadt am 10.12.2017 sollen die Trierer ihre Stimmen pro oder contra Erhalt abgeben. (Foto zu dpa-Text) Foto: Harald Tittel/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Ein Hinweisbanner weist am Eingang einer Tankstelle in der Innenstadt von Trier weist am 08.12.2017 auf den ersten Bürgerentscheid in der Moselstadt hin. Die im Trierer Volksmund auch als "Blaue Lagune" bezeichnete Tankstelle mit Shop soll dicht gemacht werden. Im ersten Bürgerentscheid der Stadt am 10.12.2017 sollen die Trierer ihre Stimmen pro oder contra Erhalt abgeben. (Foto zu dpa-Text) Foto: Harald Tittel/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++

Foto: dpa/Harald Tittel

Auch die Erneuerung der Tankstelle mit E-Mobil und Wasserspiel hält der Baudezernent für unmöglich. „Wenn es jetzt jemanden geben sollte, der die dafür notwendige Änderung des Bebauungsplans beantragen will, dann bitte schön“, betont Ludwig. „Da sind Gegenklagen programmiert, und diesen Prozess werden wir verlieren.“

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