GESCHICHTE Die Steinhauer von Wißmannsdorf

Wißmannsdorf · Längst hinter Sträuchern und Wildwuchs verschwunden sind die Sandsteinbrüche rund um Wißmannsdorf. Aber sie sind noch immer eindeutige Zeugen einer einst blühenden Kleinindustrie im mittleren Prümtal.

 Schleifstein-Herstellung um 1930 im Steinbruch im Wäldchen von Wißmannsdorf.

Schleifstein-Herstellung um 1930 im Steinbruch im Wäldchen von Wißmannsdorf.

Foto: tv/Archiv Rudolf Leisen

Nachweisbar hat das Sandsteinhandwerk gerade in Wißmannsdorf eine über 500 Jahre dauernde Tradition. Auf einer Länge von etwa 600 Metern entlang der Straße „Im Wäldchen“ von Wißmannsdorf in Richtung Hermesdorf waren durchgehend Steinbrüche, und die teils hohen Felswände geben Zeugnis darüber, dass man über Jahrhunderte in einem schweren Handwerk eine riesige Menge an Sandsteinen gebrochen und bearbeitet hat. Nicht nur ein Familienbetrieb war hier beschäftigt, sondern über eine längere Zeit wurde sogar in mehreren Betrieben in diesem fast verschwundenen Handwerk vieles bewegt. Alle Männer, die nicht ihre Arbeit in der Landwirtschaft hatten, waren in den Steinbrüchen beschäftigt. So jedenfalls war in der Schulchronik Koosbüsch vom damaligen Lehrer Pesch berichtet worden.

Als in früheren Zeiten fast alle Bauten, ob Wohnhäuser, landwirtschaftliche und gewerbliche Gebäude, noch ausschließlich in Bruchsteinen errichtet wurden, war der Bedarf an Sandstein-Mauersteinen oder „hammerrechtes Mauerwerk“ überaus groß, und für die Fenster-, Tür- und Portalgewände sowie Dachgesimse war fachgerechte Steinmetzarbeit gefragt.

Aber auch beim Bau der Eisenbahnstrecke durch das Kylltal wurden Hausteine für die Tunnelköpfe geliefert. Zu dieser Zeit wurden große Schleifsteine für die Industrie im Ruhrgebiet und besonders für Schleifereien in Solingen hergestellt.

Einen wertvollen Hinweis auf das Sandstein-Handwerk in Wißmannsdorf gibt uns ein Bericht im Heimatkalender des Kreises Bitburg aus dem Jahre 1959 (S. 55) über die Nischenkreuze in unserer Gegend, die ein Wißmannsdorfer Bildhauer geschaffen hat. Dieser Bildhauer namens M. Thönes hat bereits im Jahre 1579 das sogenannte „Laschkreuz“ geschaffen, das in der Lindenstraße in Wißmannsdorf zu bestaunen ist.

Georg Jakob Meyer, der als Fachmann in Sachen Wegekreuze einen Namen hat, berichtet in einem Aufsatz im Heimatkalender, dass das Laschkreuz das wertvollste Wegekreuz im Regierungsbezirk Trier sei. In einer Inschrift hat sich der Bildhauer selbst verewigt: „*M. Thönes * va * Wasendorf * hat * dis * Creutz * gemacht *“

Sandsteinbrüche waren rundherum um Wißmannsdorf. Für die großen Schleifsteine wurden Felsbrocken aus der Felswand herausgesprengt, wofür Schwarzpulver verwendet wurde, das keine zerstörerische Wirkung hat, sondern die Felsen flach aus der Wand abhebt. Dafür wurden mit sogenannten „Steckeisen“ Löcher in die Felsen getrieben für das Schwarzpulver und die Zündschnur. Bei der Sprengung mit einer lauten Detonation fiel der riesige Steinblock mit viel Getöse auf den Boden des Steinbruchs.

Die Steinhauer hatten ein Auge dafür, wo die sogenannten Fluchten zum Teilen waren, um den Fels in die gebrauchten Quader auseinanderzubrechen. Mit Holzrollen wurden diese zu den Arbeitsplätzen der Steinhauer gebracht. Zunächst wurde eine Rundung für den Schleifstein mit einem Zwiespitz hergestellt und sodann mit einem mehrspitzigen Grindel bearbeitet.

Es war ein schweres Stück Arbeit, bis ein Schleifstein in der erforderlichen Größe herausgearbeitet war. In die Mitte des nun runden Steins wurde ein Loch für die spätere Achse in der verarbeitenden Industrie herausgehauen. Gegen Ende der 30er Jahre endete die Ära der Schleifsteinherstellung in den Steinbrüchen in der Eifel, als man für das Schleifen Geräte aus Stahl verwendete.

Einige weitere Namen von Steinbruchbetreibern sind bekannt: Winter Josef und Adam, Hormesch, Reuter, Schmitz und Leisen. Mit einer Lore wurden die Abfälle, Braschen – auf Plattdeutsch Schudden genannt – zu einem Abhang gebracht und ausgekippt. Die Halde ist heute noch gut erkennbar. Der Transport der großen Schleifsteine mit einem Durchschnitt von bis zu 3 Metern zum Bahnhof nach Bitburg gestaltete sich sehr schwierig. Mit eisernen und hölzernen Rollen und viel körperlichem Einsatz wurden die Steine auf Pferdefuhrwerke geschafft und teils mit einem 4-Pferdegespann zum Bahnhof transportiert.

Auch nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges begann nochmals für wenige Jahre eine blühende Phase für das hiesige Sandsteingewerbe. Für den Wiederaufbau der vielen Kirchen, Wohnhäuser, landwirtschaftlichen und gewerblichen Gebäude waren Bruchsteine und Hauwerk aus Sandstein wieder sehr gefragt. Letzter Steinhauer war Franz-Josef Leisen aus Wißmannsdorf, eigentlich von Beruf Bildhauer. In den wirtschaftlich sehr schlechten Zeiten zu Anfang der 30er Jahre musste er sich auch an der Herstellung von Schleifsteinen beteiligen.

Aus gesundheitlichen Gründen musste er seine Arbeit an den Sandsteinen aufgeben, nicht aber seine bildhauerische Tätigkeit. Als Holzbildhauer war er weiter tätig.Er hat die Kreuzigungsgruppe am Hauptaltar in Wißmannsdorf und weitere Skulpturen geschaffen.

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