Bei der Online-Wache ist das Land noch offline

Trier · In Rheinland-Pfalz sind virtuelle Polizeidienststellen ein Thema, aber kein vordringliches.

 In Berlin können Anzeigen schon jetzt online erstattet werden, in Rheinland-Pfalz ist das noch Zukunftsmusik. TV-Foto: Friedemann Vetter

In Berlin können Anzeigen schon jetzt online erstattet werden, in Rheinland-Pfalz ist das noch Zukunftsmusik. TV-Foto: Friedemann Vetter

Foto: Friedemann Vetter (ClickMe)

Trier Wer sich im Mainzer Innenministerium über den Stand der Dinge in Sachen Internetwache erkundigt, der bekommt eine bürokratisch klingende Antwort. "Die konzeptionellen Vorüberlegungen durch eine Unterarbeitsgruppe der landesweiten AG DigiPol sind abgeschlossen", sagt der Sprecher von Minister Roger Lewentz, und es klingt nicht gerade so, als müssten sich die Bürger auf rasche Änderungen des Status quo gefasst machen.
Konzeptionelle Vorüberlegungen einer Unterarbeitsgruppe, das klingt in etwa so, als dürfte sich der Lagerarbeiter eines Großkonzerns mal ein paar Gedanken über die strategische Neuausrichtung des Unternehmens machen. Übersetzt in verständliches Deutsch bedeutet der Satz des Lewentz-Sprechers, dass man im Mainzer Innenministerium derzeit wichtigere Dinge zu tun habe, als sich um Online-Wachen oder Internet-Anzeigen zu kümmern.
Doch das Thema ploppt mit schöner Regelmäßigkeit auf. Dafür sorgt unter anderem die grüne Landtagsabgeordnete Pia Schellhammer, die sich bereits häufiger für die virtuellen Polizeidienststellen starkgemacht hat - etwa, als es in einer Landtagsdebatte um das Thema Hass im Internet ging. "Wenn Straftaten im Netz begangen werden", forderte da die Grüne, sei es doch ein logischer Schritt, die Anzeige auch im Netz zu erstatten.
Das mag ein logischer Schritt sein, doch in Rheinland-Pfalz wird er noch nicht gemacht. Dabei sind die Erfahrungen in den elf Bundesländern, die die Online-Wachen bislang eingeführt haben, überwiegend positiv. "Wir könnten von diesen Erfahrungen profitieren", meint auch der Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Christian Soulier. Der Leiter der Trierer Mordkommission sieht in der Online-Wache eine "zeitgemäße und richtige Serviceleistung für den Bürger". Es müsse allerdings auch nachvollziehbar sein, wer die Anzeige erstattet habe. Der Anonymität oder dem Denunziantentum dürfe kein Vorschub geleistet werden, sagt der BDK-Vorsitzende.
Der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft DPolG, Benno Langenberger, ist da skeptischer.
Er glaubt, dass häufig Nachermittlungen erforderlich sein dürften, dass Online-Anzeigen zum Missbrauch verleiten und dass der unmittelbare Kontakt zur Bevölkerung weiter abnehmen würde.
Ein Punkt, den auch Langenbergers BDK-Kollege Christian Soulier nicht von der Hand weist. "Wenn Sie jemandem in die Augen schauen, merken Sie auch, wenn er womöglich bei der Anzeige geschwindelt hat", sagt der Trierer Kriminalist.
Für die Grüne Pia Schellhammer steht indes fest, dass die Vorteile überwiegen. "Wir haben eine Bürgerpolizei. Und da gehört auch die digitale Komponente dazu", sagt die netzpolitische Sprecherin ihrer Partei.
Wie lange Rheinland-Pfalz in dem Punkt noch hinter anderen Bundesländern herhinkt, bleibt abzuwarten. Manchmal geht es auch im Mainzer Innenministerium ganz schnell. Vor drei Jahren waren die etwa in Hessen positiv getesteten Bodycams zwischen Mainz, Trier und Landau noch kein Thema. Nach den zunehmenden Attacken auf Polizisten und einer Pilotphase sollen die kleinen Körperkameras aber jetzt auch in Rheinland-Pfalz landesweit eingeführt werden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort