Politik Gefährliches Spiel

Mainz/Magdeburg · Eine Hetzrede kostet AfD-Mann Poggenburg seine Posten in Sachsen-Anhalt. In Rheinland-Pfalz sieht Landeschef Uwe Junge keinen Rechtsruck, auch wenn ein Abgeordneter in der Kritik steht. Innenminister Lewentz verschärft den Ton.

  André Poggenburg tritt als Landesvorsitzender und Fraktionschef der AfD Sachsen-Anhalt zurück.

André Poggenburg tritt als Landesvorsitzender und Fraktionschef der AfD Sachsen-Anhalt zurück.

Foto: dpa/Philipp von Ditfurth

Auf einmal war alles ganz schnell vorbei für André Poggenburg (42): Der AfD-Landeschef und Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt trat am Donnerstag von beiden Ämtern zurück, weil die eigenen Reihen zu ihm auf Distanz gingen. Das Fass zum Überlaufen brachte Poggenburgs Rede beim politischen Aschermittwoch in Sachsen, in der er in Deutschland lebende Türken als „Kümmelhändler“ und „Kameltreiber“ beleidigte.

„Es kriselte in der Fraktion, am Ende hat wohl eine Reihe von Gründen den Ausschlag für den Rücktritt gegeben“, sagt der rheinland-pfälzische AfD-Chef Uwe Junge unserer Zeitung. Er verurteilt Poggenburgs Rede: „Es war völlig unnötig und nicht erforderlich, ein solches Vokabular zu verwenden.“

Zugleich muss sich Junge in Rheinland-Pfalz gegen Vorwürfe wehren, die AfD verbrüdere sich mit dem rechtsextremen Lager. Das werfen die rot-gelb-grünen Ampelparteien der AfD umso lauter vor, seit ein Internet-Video von einer Demonstration jüngst in Kandel aufgetaucht ist, das den Landtagsabgeordneten Damian Lohr zeigt: Der 24-Jährige läuft im Protestzug dicht vor Demonstranten, die ein Banner der Identitären Bewegung halten. Pikant: Die Bewegung gilt als völkisch, rechtsextrem und wird vom Verfassungsschutz beobachtet. SPD-Landesgeneralsekretär Daniel Stich wittert einen gemeinsamen Aufmarsch des AfD-Politikers mit Rechtsextremen und sieht eine neue Stufe der Radikalisierung erreicht. „Offenbar scheut man in Uwe Junges Truppe nicht einmal mehr den offenen Schulterschluss mit rechtsextremen Vereinigungen“, kritisiert Stich.

Junge sieht dagegen kein Vergehen von Lohr. Unserer Zeitung sagt er, solche Zusammenkünfte seien bei Demonstrationen möglich: „Wenn in einer Masse Menschen mitlaufen, kann sich niemand permanent umdrehen und gucken, von wem er gerade verfolgt wird.“ Im Video sei deutlich zu sehen, dass die Identitären Sprüche skandieren, Lohr aber nicht. Junge verweist auch auf einen Beschluss des Bundesverbandes, wonach es keine Zusammenarbeit mit den Identitären gebe. Lohr, zugleich Bundeschef des AfD-Jugendverbandes der Jungen Alternative, wehrt sich auf Twitter gegen die Schelte: „Bei einer Demo von über 4000 Leuten mache ich keinen Gesinnungstest.“

Pia Schellhammer (Grüne) wirft der AfD vor, sich nicht von den Identitären zu distanzieren. Die AfD wolle sich als bürgerliche Partei inszenieren, doch die Maske sei mit Kandel gefallen. Der Aufmarsch in Kandel, wo im Januar ein 15-jähriges Mädchen von einem Afghanen erstochen wurde, beschäftigt auch den rheinland-pfälzischen Innenausschuss in seiner nächsten Sitzung am 15. März. Minister Roger Lewentz (SPD) verschärft den Ton gegen die AfD. „In Kandel sind der Dritte Weg, die NPD, gewaltbereite Hooligans und die Identitäre Bewegung marschiert. Wenn mittendrin auch ein AfD-Landtagsabgeordneter mitläuft, ist es für mich klar, dass der Verfassungsschutz genau hinzuschauen hat, ob es in der Partei verfassungsfeindliche Tendenzen gibt“, sagt Lewentz unserer Zeitung. Er kündigt an: „Wir schauen uns mit erlaubten Mitteln an, in welchem Umfeld sich die AfD bewegt und wie sie sich in sozialen Netzwerken äußert. Wenn Erkenntnisse vorliegen, werden wir sie zusammenführen.“

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