Politik Freunde sollten Erkenntnisse austauschen

In Deutschland gab es das nicht, dass Bundeskanzler und Bundespräsident gemeinsam aufgetreten wären, um den Amerikanern empört entgegenzurufen: Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht. Das blieb in der NSA-Affäre Angela Merkel allein vorbehalten, bei der der US-Geheimdienst sogar ins Handy vorgedrungen war.

Politik: Freunde sollten  Erkenntnisse austauschen
Foto: TV/Reis, Gerhard

Wenn die beiden Staatsspitzen Österreichs nun also demonstrativ zusammen eine Pressekonferenz geben, um Alarm zu schlagen und dem deutschen BND ein ähnliches Fehlverhalten vorzuwerfen, dann ist ordentlich Feuer im Busch.

Objektiv ist die Affäre Schnee von gestern, zumal das BND-Gesetz vor zwei Jahren geändert wurde und Aktionen gegen befreundete Staaten nun einer so starken Kontrolle unterliegen, dass sie kaum noch stattfinden können. Doch in diesem Fall kommt hinzu, dass die Spionage im Nachbarland die Jahre 1999 bis 2006 betrifft, als hierzulande Rot-Grün und auf der anderen Seite ÖVP-Mann Wolfgang Schüssel mit der FPÖ von Jörg Haider regierte. Damals bekam Österreich von der Rest-EU eine Art Paria-Status zugesprochen, es galt als Schmuddelkind und wurde politisch boykottiert. Aber rechtfertigte das alle Mittel? Inzwischen sind die Populisten in Wien erneut mit an der Macht und in fast allen anderen europäischen Ländern auf dem Vormarsch. Sie werden sehr laut und sehr kritisch nach dem Umfang der Überwachung fragen und auch, ob sie parteipolitisch motiviert war. Das wird der BND auch im Nachhinein im Parlamentarischen Kontrollgremium zu beantworten haben. Und ganz sicher muss er den Nachbarn beweisen, dass inzwischen Schluss ist mit dieser Praxis. Geheimdienste misstrauen einander, das gehört sozusagen zum Berufsethos. Unter Freunden aber sollten sie sich doch dazu durchringen, Erkenntnisse auszutauschen und sich gegenseitig Tipps zu geben, statt sich auszuspähen. Das ist auch ressourcenschonender.

nachrichten@volksfreund.de

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