Geld Reiches Starnberg, armes Gelsenkirchen

Trier/Gelsenkirchen · Eine Studie belegt ein drastisches Wohlstandsgefälle in Deutschland. Armenhaus ist eine kriselnde Fußball-Hochburg.

 Hier lacht die Sonne, dort herrscht Tristesse: In Deutschland gibt es ein massives Wohlstandsgefälle zwischen den Regionen. Im bundesweit wohlhabendsten Landkreis Starnberg bei München (Bild: Badegäste am Starnberger See) war das durchschnittlich verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Privathaushalte zuletzt mehr als doppelt so hoch wie in Gelsenkirchen (Bild weiter unten).

Hier lacht die Sonne, dort herrscht Tristesse: In Deutschland gibt es ein massives Wohlstandsgefälle zwischen den Regionen. Im bundesweit wohlhabendsten Landkreis Starnberg bei München (Bild: Badegäste am Starnberger See) war das durchschnittlich verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Privathaushalte zuletzt mehr als doppelt so hoch wie in Gelsenkirchen (Bild weiter unten).

Foto: dpa/Lino Mirgeler

Geht es um Wachstum oder Lebensqualität, dann steht bundesweit meist eine Stadt immer ganz weit hinten am Ende der Tabelle: Gelsenkirchen. Der große Stolz der Metropole im Ruhrgebiet war immer ihr starker Fußballverein. Doch auch der FC Schalke 04 taumelt in dieser Bundesliga-Saison mächtig, fürchtet gar den Abstieg. Und die Stadt Gelsenkirchen haust gleich weiter im Keller – wie beim Wohlstand, wie nun eine neue Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt.

Diese skizziert ein massives Gefälle in Deutschland: Im bundesweit wohlhabendsten Landkreis Starnberg bei München war das durchschnittlich verfügbare Pro-Kopf-Einkommen der Privathaushalte zuletzt mit 34 987 Euro mehr als doppelt so hoch wie in Gelsenkirchen. Die Stadt in Nordrhein-Westfalen bildete mit 16 203 Euro pro Kopf das Schlusslicht im Einkommens-Ranking.

Städte und Kreise mit besonders niedrigem Einkommen waren demnach in Teilen des Ruhrgebiets, des Saarlands und Niedersachsens zu finden. Vor allem Ostdeutschland liege auch 30 Jahre nach der Wende weiterhin deutlich hinter dem restlichen Bundesgebiet, berichteten die Forscher. In nur sechs von 77 Ost-Kreisen und kreisfreien Städten überschritt das Einkommen pro Kopf die Marke von 20 000 Euro, während im Westen 284 von 324 Kreisen und Städten darüber lagen.

Über die höchsten Pro-Kopf-Einkommen verfügten demnach die privaten Haushalte im Landkreis Starnberg bei München, in der Stadt Heilbronn und im Hochtaunuskreis bei Frankfurt – mit jeweils deutlich mehr als 30 000 Euro liegen sie sogar über dem Schnitt von Luxemburg. Schlusslichter im Einkommens-Ranking waren neben Gelsenkirchen Duisburg und Halle an der Saale, wo das Pro-Kopf-Einkommen bei weniger als 18 000 Euro lag. Die Forscher erinnern bei den Städten eher an die Insel Korsika.

 Eine sogenannte Problem-Immobilie (links) steht in Gelsenkirchen  neben einem Haus, das bereits renoviert ist.

Eine sogenannte Problem-Immobilie (links) steht in Gelsenkirchen neben einem Haus, das bereits renoviert ist.

Foto: dpa/Roland Weihrauch

In Rheinland-Pfalz liegen beim verfügbaren Pro-Kopf-Einkommen die Kreise Bad Dürkheim (25 516 Euro), der Rhein-Pfalz-Kreis (25 441 Euro) und Mainz-Bingen (25 408 Euro) vorne, das Schlusslicht bildet Kaiserslautern (18 796 Euro).

Beim Wachstum seit der Jahrtausendwende dominieren im Land der Rhein-Hunsrück-Kreis (23,3 Prozent) und Trier-Saarburg (23 Prozent). Mainz enttäuschte am anderen Ende der Tabelle mit 0,1 Prozent.

Damit liegt die Landeshauptstadt auch im Trend der 15 größten Städte in Deutschland, bei denen das Wachstum von 2000 an deutlich schwächer ausfiel als in der Bundesrepublik insgesamt. In Essen und Nürnberg sei das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen sogar gesunken. Hinzu kommt für die Stadtbewohner ein Problem, das die Forscher so benennen: „Da Wohnkosten ebenfalls aus dem verfügbaren Einkommen bezahlt werden, dürften steigende Mieten insbesondere in den wachsenden Metropolen die finanziellen Möglichkeiten vieler Bewohner beschränken.“

Insgesamt beobachteten die Forscher eine negative Einkommensentwicklung in 33 der 401 untersuchten Kreise und Städte. Am drastischsten erwischte es Offenbach – um 8,7 Prozent sank das verfügbare Pro-Kopf-Einkommen eines Haushaltsmitglieds in der hessischen Stadt.

Ganz oben steht bundesweit beim Wachstum Heilbronn mit einem Plus von 43 Prozent seit der Jahrtausendwende. Dort sind die Zahlen aber mit Vorsicht zu genießen. Selbst die Forscher sprechen von einer Besonderheit: In der 125 000-Einwohner-Stadt seien mehrere reiche Menschen gemeldet – wie Dieter Schwarz, dem Lidl gehört und dessen Vermögen auf mehr als 20 Milliarden Euro geschätzt wird. „Sehr hohe Einkommen von Einzelpersonen erhöhen den allgemeinen Durchschnitt“, sagen die Wissenschaftler, die die Studie geschrieben haben.

Ausreißer wie diese hat Gelsenkirchen augenscheinlich nicht, könnte sie aber gut gebrauchen. Denn selbst die millionenschweren Bundesliga-Kicker vom FC Schalke leben angeblich lieber in Düsseldorf als in Gelsenkirchen.

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