Ein roter Truck für Wagenknecht und Bartsch

Berlin · TV-Serie über Wahlkampfzentralen und ihre Macher: Die Linke setzt auf Kandidaten-"Cloud" und eine rollende Bühne.

Berlin An den Wänden kleben ältere Plakate für mehr Gerechtigkeit. Über die Flachbildschirme flimmern Zeitpläne, Tweets und die neuesten Nachrichten. Ganz hinten links sitzt Claudia Gohde, die Leiterin des "WahlQuartiers". So heißt die Wahlkampfzentrale der Linken in Berlin. "Controlling, Veranstaltungen, Planung, das muss ja alles koordiniert werden", sagt Gohde. "Und es wird immer komplexer."
Wer ins Karl-Liebknecht-Haus unweit des Alexanderplatzes kommt, kann Gohdes Schreibtisch nicht verfehlen. Das "WahlQuartier" ist gleich hinter dem Haupteingang untergebracht. Gohde kümmert sich gerade um ein "Kandidatentraining". So nennen sie hier die Schulungen für die potenziellen Anwärter auf ein neues Bundestagsmandat. Eine Handvoll Leute aus der Berliner Parteizentrale soll ausschwärmen, um die Genossen vor Ort im Argumentieren zu unterrichten oder Tipps für Auftritte in den Medien und an Wahlkampfständen zu geben. Es gibt auch eine spezielle "Cloud" für die Kandidaten, mit Terminen, Themen und Muster reden.
Die virtuelle Welt ist allerdings nur ein kleiner Teil der Wahlkampagne. "Ich bin kein Online-Fanatiker", bekennt Matthias Höhn, seit 2012 Bundesgeschäftsführer und Wahlkampfleiter der Linken. Der 41-jährige Sachsen-Anhalter verweist zwar stolz darauf, dass die Linke unter allen Gruppierungen im Bundestag mit rund 200 000 Followern die "erfolgreichste Facebook-Partei" sei. Aber die Wahl entscheide sich nicht im Netz, ist Höhn überzeugt. Internen Umfragen zufolge gilt der linken Anhängerschaft nach wie vor das Fernsehen als das mit Abstand wichtigste Informationsmittel.
Rund 6,5 Millionen Euro gibt die Linke insgesamt für den Bundestagswahlkampf aus, davon nur 450 000 Euro für Online-Kampagnen. Zielgruppe sind hier vor allem gut gebildete Großstädter unter 30, bei denen die Partei zuletzt an Boden gewonnen hat. Aber diese Gruppe stelle eben auch nur sechs Prozent der Wählerschaft, so Höhn. Und was hält er von der ganzen Aufregung um "Fake-News"? Auch da gibt sich Höhn gelassen. "Es war schon immer ein Problem, dass bestimmte Informationen einem Faktencheck nicht standhalten." Deutlich mehr mache ihm inzwischen die "Moderation der Netzwerke" zu schaffen, sagt Höhn. Postet das "WahlQuartier" zum Beispiel eine Botschaft in Sachen Flüchtlinge, dann füllt sich der virtuelle Raum sofort mit Kommentaren, die häufig genug problematisch, ja, rassistisch sind. Das Kommentieren oder Löschen solcher Hasstriaden binde immer mehr Kräfte, klagt Höhn.
Auf einem der vollgepackten Schreibtische liegt auch ein Foto mit einem roten Truck. Das knapp 14 Meter lange Gefährt wird erstmals in einem Bundestagswahlkampf für die Linke durch Deutschland rollen. Die Idee stammt von Höhn persönlich. "Dadurch schaffen wir mit einem ähnlichen finanziellen Aufwand deutlich mehr", erläutert der Wahlkampfmanager. In der Vergangenheit hat die Linke vorrangig auf Großveranstaltungen gesetzt. Für jedes Bundesland brauchte es deshalb immer den Aufbau einer Bühne. Im aktuellen Wahlkampf soll es nur noch sieben "Z-Veranstaltungen", also zentrale Termine geben. Gemeint sind damit Plätze in Metropolen wie München, Stuttgart, Hamburg oder Leipzig, die hauptsächlich von den beiden Spitzenkandidaten Sahra Wagenknecht und Dietmar Bartsch "bespielt" werden. Bei weiteren 40 Veranstaltungen kommt der rote Truck zum Einsatz. Er verfügt über eine ausklappbare Bühne und kann praktisch täglich den Standort wechseln. "Schon auf der Autobahn ist der Truck dann eine Werbefläche", freut sich Höhn. Starten soll das Mobil am 26. August an der Ostsee. Der letzte Termin ist in Berlin kurz vor der Bundestagswahl.
Über die Wahlplakate hält sich Höhn noch bedeckt. Sie sollen am Freitag präsentiert werden. Man darf aber getrost annehmen, dass das linke Urthema soziale Gerechtigkeit optisch dominiert. Unklar ist noch, ob es wieder ein Plakat nur für die neuen Länder geben wird. "Der Osten wählt rot", stand bei der Wahl vor vier Jahren drauf. Tatsächlich hatten seinerzeit fast 23 Prozent der Ostdeutschen ihr Kreuzchen bei der Linken gemacht. Im Westen kam man nur auf knapp sechs Prozent - ein Spagat für die Partei auch bei der Bundestagswahl am 24. September.

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