Trierisch Balaawern

Datt kanns de obb de Kibb schmeißen! Man glaubt, sich so einer unliebsamen und unbrauchbaren Sache entledigen zu können. So einfach, wie die Sache erscheint, ist sie nicht.

Der Trierer macht es sich wieder einmal sehr bequem und benutzt Kibb in unterschiedlichen Bedeutungen. Natürlich ist de Kibb zunächst die Müllkippe. Heute wird man vielleicht auch Wertstoffhof sagen. Das ist dem Trierer zu lang, und deshalb ist es für ihn de Kibb. De Kibb ist auch die Zigarettenkippe. Wertlos, und so kann man getrost de Kibb obb de Kibb schmeißen. Ebbes obb de Kibb schmeißen, kann auch unangenehme Folgen haben. Wenn dä Kibb aofängkt ze knurren, mött de Zänn fläddscht on aanen önn ett Baan beißen dut, dann ist mit dem Kibb ein Hund gemeint. Dieses Wort ist nicht ursprünglich trierisch, sondern aus der Gaunersprache in das Trierische für einen Straßenköter, der überall herumstreunt, eingewandert. Kein Schoßhündchen oder ein edler Zuchthund mit eingetragenem Stammbaum. Einen Stammbaum hat e Kibb och, awer örjendswu obb der Allie, nött ögedraon onn nött ömm Palasgaorden. En Kibb wird im Trierischen auch als Kinderei, nicht erwachsen gemäßes Verhalten bezeichnet. Watt öss datt fir en Kibb! Sei nicht kindisch! Nochmals zurück zur Kippe. Dä Kippmajor öss dä, dä wu obb der Kibb ganz oowe stiet. Also angesehen ist. Das ist natürlich ironisch zu verstehen. Ein Mensch, der im Abfall nach Dingen sucht, die für die übrigen Menschen wertlos sind, steht nicht im Range eines Majors bei den Streitkräften. Er unterscheidet sich nicht vom Ramasser, der von Haus zu Haus oder durch die Lande zieht und das Gleiche sammelt. Wie heißt es in einem Liedvers: Lumpen, Eisen, Knochen und Papier, ausgeschlagene Zähne sammeln wir. Wenn man von der Kibb zur Tätigkeit kibben wechselt, hat das Wort im Trierischen zwei Deutungen. Einmal kibb dä ganze Schammas obb de Kibb, man wirft die Sachen achtlos auf einen Haufen, zum anderen kibbt man sich einen hinter die Binde, man trinkt noch einen. Dann kann man am Ende eines Tages nur sagen: Daje, wei gie mer naoch aanen kibben!

Josef Marx ist Autor des Trierer Wörterbuchs, das im Trier-Verlag erschienen und im Buchhandel erhältlich ist. Gemeinsam mit Horst Schmitt hat er über 10 000 Stichwörter in Hochdeutsch-Trierisch und Trierisch-Hochdeutsch zusammengetragen. Die beiden Autoren erläutern in unserer Kolumne "Trierisch balaawern" wöchentlich Besonderheiten der Trierer Mundart.

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